Gelobt sei Gott
© Pandora Filmverleih
Der Film erzählt von einem realen Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche Frankreichs.
Die Evangelische Filmjury empfiehlt: "Gelobt sei Gott"
Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn der Priester die richtigen Worte gefunden hätte. In der Mediationssitzung gibt Bernard Preynat zwar zu, dass er vielen Jungen sexuelle Gewalt angetan hat, in der Kirchengemeinde, in seinen beliebten Pfadfinder-Camps. Aber er ist nicht in der Lage, sich bei dem inzwischen erwachsenen Alexandre zu entschuldigen.
18.09.2019
Evangelische Filmjury

Alexandre hatte geglaubt, er sei über das traumatische Erlebnis hinweg. Er hat eine glückliche Familie, ist erfolgreich im Beruf – und geht voller Überzeugung zur Kirche. Doch er ist gewahr geworden, dass Preynat  nach wie vor mit Kindern arbeitet. Und dass die katholische Kirchenhierarchie in Lyon, namentlich Kardinal Philippe Barbarin, Primas von Gallien, nie etwas gegen den offenbar pädophilen Priester unternommen hat.

Alexandre beginnt, nach anderen Opfern zu suchen, denn sein Fall ist verjährt. François Ozons „Gelobt sei Gott“ ist ein außergewöhnlich kunstvolles Dokudrama über einen Missbrauchsskandal, der Frankreich noch immer in Atem hält. Barbarin ist inzwischen zurückgetreten; der über 70-jährige Preynat wurde von einem Kirchengericht verurteilt, sein Strafprozess steht aber noch aus – und Preynat hat versucht, den Start des Films zu verhindern. Ozon erzählt aus der Perspektive von drei Opfern – Männern von unterschiedlicher Herkunft und Weltanschauung, auf unterschiedliche Weise verletzt.

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Wie ein Rhizom entfaltet sich die Geschichte um Alexandres Recherche, die Gründung der Selbsthilfeorganisation „La parole liberée“, den Kampf der Männer um Anerkennung. Der Film zeigt, wie sexuelle Gewalt in arkanen, autoritären Strukturen wächst: Auch wenn es um die katholische Kirche in Frankreich geht, wird deutlich, dass alle Systeme, die mit Kindern und Jugendlichen umgehen, prädisponiert für den Missbrauch von Macht sind. Das großartige Schauspielerensemble macht die Wut und Hilflosigkeit der Betroffenen spürbar.

Schließlich enthält „Gelobt sei Gott“ eine Spur von Trost: Sie liegt in der Solidarität der Opfer und ihrer Angehörigen, die sich über soziale und politische Grenzen hinweg nach Jahrzehnten des Schweigens zusammentun, um die Veröffentlichung des Falls und die gerichtliche Anklage zu bewirken.

Die Jury der Evangelischen Filmarbeit ist ein unabhängiges Gremium. Evangelische Werke, Verbände und Einrichtungen benennen in vierjährigem  Turnus die acht Mitglieder der Jury. Sie erfüllt ihren Auftrag im Rahmen des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik gGmbh. Sie hat bis heute über 750 Spiel- und lange Dokumentarfilme als Filme des Monats ausgezeichnet, die sich durch ihre herausragende Qualität zur Diskussion anbieten und Impulse zu verantwortlichem Handeln geben. Sie setzt damit Maßstäbe für eine anspruchsvolle Bewertung des jeweils aktuellen Kinoangebots.

Die Jury zeichnet Filme aus, die dem Zusammenleben der Menschen dienen, zur Überprüfung eigener Positionen, zur Wahrnehmung mitmenschlicher Verantwortung und zur Orientierung an der biblischen Botschaft beitragen. Sie berücksichtigt dabei die filmästhetische Gestaltung, den ethischen Gehalt und die thematische Bedeutsamkeit des Films. Keiner dieser Aspekte darf allein Ausschlag gebend sein; sie sollen vielmehr in ihrer wechselseitigen Beziehung bewertet werden.