Sein Lebensweg schien vorgegeben. Schon als Kind stand er vor dem Plattenspieler und sang und dirigierte Opern. Er kann Richard Wagners „Ring der Nibelungen“ noch heute auswendig, obwohl er ihn nie auf der Bühne gesungen hat. „Die Musik ist mir in die Wiege gelegt“, sagt der 51-Jährige.
Aufgewachsen in Berlin als Sohn zweier Musiker - die Mutter Sängerin, der Vater Pianist und Dirigent - schaffte er nach dem Abitur auf Anhieb die Aufnahme an der Hochschule der Künste in Berlin. Er studierte Gesang, wechselte später an die Hochschule für Musik Hanns Eisler. Während des Studiums lernte er seine Frau Silvia kennen. Nach dem Studium wurde er als lyrischer Tenor in Wuppertal und Gelsenkirchen engagiert.
Mit dem festen Engagement am Darmstädter Staatstheater zog die Familie 2005 nach Südhessen. Seit fünf Jahren leben Adlers in Eberstadt. Die Jungs sind 20 und 18, die Tochter zehn Jahre alt. In den vergangenen neun Jahren arbeitete Mark Adler freiberuflich als Opernsänger, er war deutschlandweit und auch im Ausland unterwegs. Seine Frau unterrichtet Gesang und Stimmbildung und arbeitet als Journalistin.
Manchmal gibt es ein konkretes Ereignis, etwa Krankheit, Unfall, Scheidung, das Menschen zu einem Neustart bringt. Bei Mark Adler war das anders. „Die Wendung kam allmählich“, sagt er. Er machte sich Gedanken darüber, ob er als Bühnenkünstler mit zunehmendem Alter noch gefragt sein würde. Und er fragte sich häufiger nach dem Sinn seines Tuns. Der Glaube und die kirchliche Verbundenheit waren da. Er sang oft Oratorien - für ihn immer auch ein Stück Verkündigung. Als Jugendlicher hatte er sich intensiv in der kirchlichen Jugendarbeit engagiert. Nach dem Abitur war er ein Jahr lang für das Berliner Missionswerk in Tansania. Seinerzeit hatte er überlegt, Theologie zu studieren, aber daran gezweifelt, ob er einem geisteswissenschaftlichen Studium gewachsen sein würde.
Vertrauen auf die göttliche Führung
Das war jetzt anders. „Ich habe gedacht, ich versuche es“, sagt Mark Adler. Die Entscheidung fürs Masterstudium Theologie hatte für ihn auch viel damit zu tun, sich Gott anzuvertrauen, auf die göttliche Führung zu vertrauen. Doch als der Entschluss gefallen war, hatte der berufsbegleitende Masterstudiengang in Marburg, den es im Turnus von drei Jahren gibt, gerade angefangen. Mark Adler studierte dann in Heidelberg, hier beginnt der Masterstudiengang zu jedem Semester, und suchte seine Gastspiele danach aus, ob der Großteil der Proben auf die Semesterferien fiel. „Ich hatte ganz schnell das Gefühl, dass es das ist.“ Seine Frau unterstützte ihn von Anfang an.
Mit Ende 40 unter lauter jungen Studentinnen und Studenten, das war schon gewöhnungsbedürftig. „Die Erfahrungen an der Uni waren nicht so negativ, wenn man den Kommilitonen erst einmal abgewöhnt hat, einen zu siezen“, erzählt er schmunzelnd. Es gab Tage, an denen er mittags von der Uni aus mit dem Zug zu einem Gastspielort fuhr, am Abend seinen Auftritt hatte und nach ein paar Stunden Schlaf im Hotel morgens um halb sechs wieder im Zug nach Heidelberg saß, um pünktlich um halb neun im Hebräisch-Unterricht zu sein. „Ich habe es als großes Privileg empfunden“, sagt Mark Adler. Mehr als einmal überkam ihn das Gefühl von Dankbarkeit und der Gedanke: „Wow, ich darf noch was lernen!“ Das Stipendium der Hessischen Lutherstiftung und die Sicherheit, dass er ins Vikariat übernommen wird, erleichterten ihm den endgültigen Schnitt. Nämlich den Moment, in dem er seiner Künstleragentur sagte, er komme für Operngastspiele nicht mehr in Frage, weil er Pfarrer werde.
Am 1. September beginnt nun mit dem Vikariat in der Evangelischen Kirchengemeinde Georgenhausen-Zeilhard im Evangelischen Dekanat Vorderer Odenwald die praktische Ausbildung. Doch gerade am Anfang wird er dort gar nicht so oft sein, da er häufig an der Schule und im Predigerseminar ist. Gottesdienste und Kasualien, also Hochzeiten, Beerdigungen und Taufen, kann er sich gut vorstellen. Anderes, wie zum Beispiel der Grundschulunterricht, sieht er als Herausforderung. Probleme, sich anleiten zu lassen, hat er keine: „Ich bin zwar über 50, aber vom Pfarrersein habe ich keine Ahnung“, sagt Mark Adler. Je näher der 1. September 2019 rückt, umso ungeduldiger wird er: „Ich will, dass es jetzt endlich losgeht.“ Er hofft, gut hineinzufinden und verwirklichen zu können, was ihm derzeit an Kirche fehlt. Die Hauptfrage, die Mark Adler umtreibt: Wie gewinnt man die Mitglieder zum Leben in der Gemeinde und befriedigt deren Bedürfnis nach Spiritualität und Gemeinschaft? „Wir müssen als Kirche Angebote für Menschen in allen Lebensphasen machen und dabei die Werte vertreten, die uns als christliche Gemeinschaft ausmachen, also das Evangelium zur Sprache bringen.“