Die Handlung beginnt mit einem Herzinfarkt, es sieht nicht gut aus für Kurt Lehmann, und weil Ehefrau Renate (Michaela May) den Gatten im Sterben wähnt, legt sie noch rasch ein Geständnis ab: Tochter Rebecca ist von einem anderen. Aber Kurt kommt wieder zu sich, verlässt das Krankenhaus, nutzt die unverhoffte Bonuszeit, um sein Vermächtnis zu regeln, und investiert das gebunkerte Schwarzgeld, immerhin eine Million Euro, in einen Olivenhain. Die Geschichte spielt auf Mallorca, die Plantage ist ein Abschiedsgeschenk für seine Geliebte (Natalia Wörner). Renate und die erwachsenen Töchter (Sandra Borgmann, Ursula Karven, Anja Schiffel) sind entsetzt, die Gattin verkündet, sie wolle sich nach 46 Ehejahren scheiden lassen, und Rebecca muss damit klarkommen, dass der schmucke Banker (Max Hemmersdorfer), in den sie sich verliebt hat, ihr Halbbruder ist.
Das ZDF bezeichnet den Film als "turbulente Familienkomödie" und weckt auf diese Weise Erwartungen, denen Maria von Heland gar nicht gerecht werden will, selbst wenn der Film zu Beginn ein bisschen Slapstick und witzige Wortduelle zu bieten hat. Die Mallorca-Bilder sind teilweise sehr schön anzuschauen, aber die Geschichte trägt einen deutlichen Trauerflor. Die Autorin und Regisseurin hat sich dieser Strategie bereits in "Eltern und andere Wahrheiten" (2017) bedient. Der ARD-Freitagsfilm über eine Mutter, die in ihren Beruf zurückkehren will, hat seinen leichten Tonfall erstaunlich lange beibehalten; erst am Schluss ließ sich nicht mehr kaschieren, dass die Idylle tiefe Risse bekommen hat. "So einfach stirbt man nicht" ist jedoch von Anfang an ein Drama, auch wenn die schöne Musik (Florian Tessloff) etwas anderes signalisiert, weshalb das ZDF-Etikett angesichts der tragischen Untertöne fast absurd anmutet. Bei den Gesprächen der eigens angereisten Schwestern zum Beispiel werden diverse alte Rechnungen beglichen. Angeblich geht’s allen gut, aber bald stellt sich raus, dass es mit dem vermeintlichen Glück nicht weit her ist. Die Älteste zum Beispiel, Lotte (Karven), lebt in Scheidung und braucht Geld; ihre unverhohlene Aussicht auf ein stattliches Erbe macht sie nicht unbedingt sympathisch.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Diese Doppelbödigkeit gilt auch für die zentrale Rolle. Michael Gwisdek gehört zu den Schauspielern, deren Arbeit nie nach Arbeit aussieht. Er ist ein begnadeter Komödiant, aber kein plumper Komiker, weshalb ihm Nuancen genügen, um die Gefühlswelten seiner Figuren zu vermitteln. Deshalb gelingt es ihm ohne größeren sichtbaren Aufwand, Kurt mit einer tragischen Note zu versehen, zumal ihm der Arzt (René Ifrah) versichert, dass sein Überleben einem Wunder gleich komme; der nächste Herzinfarkt sei nur eine Frage der Zeit. Gerade bei den Gesprächen zwischen dem Ehepaar kommt manch’ unangenehme Wahrheit ans Licht, und das nicht nur wegen Renates Geständnis.
Dass "So einfach stirbt man nicht" trotz der potenziellen Bitterkeit immer wieder heitere Momente zu bieten hat, liegt vor allem an den beiden jüngsten Mitwirkenden. Rebecca (Borgmann) hat sehr zur Freude von Kurt ein "Findelkind" mitgebracht, was zu der ungewöhnlichen Konstellation führt, dass der Alte großväterliche Gefühle für den Jungen entwickelt, obwohl Jonas (Jude West) selbst dann nicht sein Enkel wäre, wenn Rebecca ihn zur Welt gebracht hätte. Witzig sind auch die gut gespielten Nebenszenen, die sich von Heland für die Tochter von Steffi (Schiffel) ausgedacht hat. Ähnlich wie ihre beiden Tanten – Lotte verguckt sich in den Arzt – entwickelt auch die kräftig pubertierende und entsprechend schwierige Jule (Laetitia Adrian) Gefühle für einen Einheimischen, der den christlichsten aller Namen trägt. Deshalb kommt sie bei einem gemeinsamen Mopedunfall vergleichsweise glimpflich davon, schließlich saß Jesus auf dem Sozius. Den schönsten Satz des Films sagt Rebecca gegen Ende, und er wäre ein schönes Schlusswort gewesen: "Familie soll sein, was immer bleibt"; aber van Heland fügt noch einen Epilog an, der den Titel endgültig widerlegt.