Seine Glaskunst schmückt das Ulmer Münster, die Stuttgarter Stiftskirche, den Mainzer Dom und viele Stadtkirchen in Deutschland: Johannes Schreiter hat sich mit seinem kreativen Schaffen auch international einen Namen gemacht. Davon profitiert seit vergangenem Jahr das 1.600-Seelen-Dorf Bad Liebenzell-Monakam unweit von Calw. Zwei neue Fenster zeigen in der evangelischen Kirche Schreiters Interpretation zu Ostern und Pfingsten - und machen damit den Schwarzwaldflecken zu einer Touristenattraktion.
Entstanden ist die Idee vor dem Jubiläum zum 500. Jahrestag der Reformation, erinnert sich Karl Sutor. Der 78-Jährige war selbst von 1997 bis 1995 Gemeindepfarrer in Monakam, leistete seine letzten Dienstjahre dann im 25 Kilometer entfernten Deckenpfronn ab und kehrte zum Eintritt in den Ruhestand nach Monakam zurück. Dort bat die Gemeinde den Pensionär, die Reformationsfeiern 2017 mit einer Arbeitsgruppe zum Thema Kunst und Kirche vorzubereiten.
Diese Gruppe spiegelte die Breite der Gemeinde, "von Altpietisten bis zu Kirchentagsbewegten", sagt Sutor. Zunächst war angedacht, eine Skulptur vor dem Kirchenportal zu installieren, doch das scheiterte am begrenzten Platz. Dann kam man auf die Idee, der mehr als 200 Jahre alten Kirche zwei attraktive Fenster zu verpassen - und bei der Prüfung möglicher Künstler landete man irgendwann bei Johannes Schreiter.
Schreiter sei ein "sehr frommer Mann", findet Sutor. Der im hessischen Langen lebende Gestalter von Kirchenfenstern habe sich auf die zwei Bedingungen der Gemeinde sofort eingelassen. Erstens sollte er biblische Motive interpretieren. Zweitens dürften die Fenster dem künstlerisch wertvollen Flügelaltar aus dem Jahr 1497, der Motive des Todes Jesu zeigt, nicht die Show stehlen.
Tatsächlich fällt beim Betreten der Kirche der Blick zuerst auf das Altar-Triptychon. Erst dann nimmt der Betrachter das massive Licht wahr, das durch die beiden neuen Fenster golden gefärbt hereinscheint. Die Motive im Glas schreiben die auf dem Altar dargestellte Geschichte fort: Das erste Fenster illustriert die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, das zweite das Pfingstfest mit der Ausgießung des Heiligen Geistes. Die Darstellung verbindet in der Heiligen Schrift erwähnte Symbole mit abstrakten Elementen. "Der Künstler will, dass man auch in zehn Jahren noch Neues in seinem Werk entdeckt", sagt Pfarrer Sutor.
Große Kunst ist selten für kleines Geld zu haben. Die Kirchengemeinde Monakam veranschlagte 69.000 Euro für das Projekt und ging bei Gemeindemitgliedern, Firmen und Stiftungen Klinkenputzen - beraten und unterstützt von der Fundraisingstelle der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Außerdem organisierte sie Benefiz-Veranstaltungen, etwa ein Konzert mit dem Liedermacher Clemens Bittlinger. Ein Grund für die Spendenbereitschaft war nach Einschätzung Sutors, dass die Arbeitsgruppe während des ganzen Verfahrens transparent geblieben sei und beispielsweise die Entwürfe Schreiters zuerst mit der Gemeinde diskutiert habe.
Um den schmucken Fenstern auch bei Abendveranstaltungen in der Kirche die richtige Geltung zu verschaffen, ist nun noch die Installation von Außenlichtern geplant. Sie sollen in der Dunkelheit das Sonnenlicht ersetzen und Ostern und Pfingsten des Künstlers Johannes Schreiter in der Dämmerung zum Strahlen bringen.
Für den Tourismus in Monakam bedeuten die Kunstfenster einen Aufschwung. Schwarzwaldwanderer, die das urige Monbachtal hinaufsteigen, sowie Bad Liebenzeller Kurgäste machen nun gerne Station in der Dorfkirche von Monakam, die in den Sommermonaten täglich geöffnet ist. Viele verbinden den Kulturgenuss mit Besuchen im örtlichen Gourmetrestaurant oder einer außergewöhnlichen Konditorei im Dorf. Sutors Frau Barbara führt Gäste durch die Kirche. Hatte sie früher im Sommerhalbjahr eine Gruppe pro Monat zu Gast, so sind es inzwischen drei bis fünf.