Frankfurt a.M. (epd). Das zivile Seenotrettungsschiff "Ocean Viking" stößt nach der neuerlichen Aufnahme von 105 Bootsflüchtlingen den Betreibern zufolge an seine Grenzen. Mit mittlerweile 356 Flüchtlingen an Bord könne das Schiff abhängig vom Wetter und der Situation an Bord womöglich keine Flüchtlinge mehr aufnehmen, sagte Projektkoordinator Jay Berger von "Ärzte ohne Grenzen" am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Berger betonte: "Wir hatten gehofft, nicht in eine solche Situation zu geraten." Aber nachdem es fast keine Seewachtsschiffe in den Seenotrettungszonen mehr gebe, sei das die Realität, der sich die Crew stellen müsse.
"Mit einer Situation auf Leben und Tod konfrontiert, haben wir uns entschieden, mehr Menschen an Bord zu holen, anstatt das Risiko einzugehen, sie ertrinken zu lassen", sagte Berger. Die "Ocean Viking" hatte am Montagabend in einer dramatischen Aktion zum vierten Mal auf ihrer Fahrt Bootsflüchtlinge an Bord geholt. Nachdem die Crew Rettungswesten an die 105 Menschen ausgegeben habe, sei eine Kammer des Schlauchboots geplatzt, twitterten "Ärzte ohne Grenzen" und SOS Mediterranee, die das Schiff gemeinsam unterhalten. Die Menschen seien ins Wasser gefallen, hätten aber alle gerettet werden können.
Ursprünglich ist die "Ocean Viking" nach Angaben der Organisationen für rund 200 Flüchtlinge ausgerüstet. Die Kapazität sei jedoch unter anderem vom Wetter und vom Wellengang abhängig, sagte Berger. Sollte das Schiff erneut auf Bootsflüchtlinge stoßen und keine mehr aufnehmen können, werde die Crew versuchen, die Situation der Mensch auf den Flüchtlingsboot etwa mit Rettungswesten und Rettungsbooten abzusichern und mit ihnen auf weitere Hilfe zu warten.
Die "Ocean Viking" war vor einer Woche von Marseille aus in Richtung der libyschen Küste aufgebrochen, wo das Schiff zwei Mal 85 Menschen und noch einmal 81 Menschen aus Seenot aufnahm. Mit den nun 356 Flüchtlingen an Bord sucht die "Ocean Viking", die unter norwegischer Flagge fährt, einen sicheren Hafen. Auch die "Open Arms" fährt seit nunmehr zwölf Tagen mit 151 Menschen an Bord zwischen Malta und der italienischen Insel Lampedusa hin und her. Beide Länder haben ihre Seegewässer und Häfen für zivile Seenotrettungsschiffe geschlossen. Nur Notfälle wie Verletzte oder Schwangere nehmen sie auf.