Bundestagsabgeordnete fliegen 2018 über neun Millionen Meilen
Entwicklungsminister: Bundestag muss klimaneutral werden
Über neun Millionen Flugmeilen legten Bundestagsabgeordnete 2018 zurück - und stießen damit so viel CO2 aus wie 2.000 Autos auf 12.000 Kilometern im Jahr. Eine CO2-Kompensation gibt es anders als für Regierungsreisen bei den Abgeordneten nicht.

Berlin (epd). Bundestagsabgeordnete haben im vergangenen Jahr mehr Flugzeugmeilen zurückgelegt als im Vorjahr. Im Rahmen ihrer Tätigkeit sind Abgeordnete 2018 rund 9,08 Millionen Meilen (etwa 16,8 Millionen Kilometer) geflogen, wie die Bundestagsverwaltung dem Evangelischen Pressedienst (epd) bestätigte. 2017 waren es demnach noch 7,4 Millionen Meilen. Damit flog jeder der 709 Parlamentarier 2018 im Durchschnitt 13.000 Meilen, was etwa einem Flug von Frankfurt nach Singapur und zurück entspricht. Über die Daten hatten zunächst die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag) berichtet.

In den Jahren 2015 und 2016 wurde allerdings noch deutlich mehr geflogen: 2015 legten Bundestagsabgeordnete 11,4 Millionen Flugmeilen zurück, 2016 rund 11,1 Millionen. In der Aufstellung nicht enthalten sind nach Bundestagsangaben die Reisen, die die Fraktionen aus ihren eigenen Mitteln bezahlen, sowie Flüge, die Abgeordnete nicht über das Vertragsreisebüro des Deutschen Bundestages buchen.

Eine CO2-Kompensation finde derzeit nicht statt, erklärte eine Sprecherin. Neun Millionen Flugmeilen schlagen nach Angaben des CO2-Kompensationsanbieters Atmosfair grob mit 4.000 Tonnen ausgestoßenem Kohlenstoffdioxid zu Buche. Ein Ausgleich, zum Beispiel durch die Finanzierung von Windkraftanlagen, würde demnach rund 90.000 Euro kosten.

In einer Funke-Umfrage unter den Fraktionen gaben nur die Grünen an, dass die Fraktion die Flüge ihrer Abgeordneten in Eigenregie kompensiere. Die anderen Fraktionen hätten keine Angaben gemacht, hieß es. Dagegen sind dem Funke-Bericht zufolge für die Klimaneutralisierung von Flugreisen der Bundesregierung und der nachgeordneten Behörden 900.000 Euro im Bundeshaushalt 2019 eingestellt.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) forderte den Bundestag auf, die Dienstflüge von Abgeordneten auszugleichen und klimaneutral zu werden. CO2-Emissionen, die sich nicht vermeiden ließen, sollten mit Klimaschutzprojekten in Entwicklungs- und Schwellenländern kompensiert werden, sagte Müller den Funke-Zeitungen (Sonntag). Das Entwicklungsministerium werde bis Ende des Jahres klimaneutral. "Im nächsten Schritt sollten alle Ministerien und Bundesbehörden diesem Beispiel folgen und sich klimaneutral stellen."

Auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, forderte einen Klimaausgleich für Dienstflüge. "Union und FDP hatten in der vorletzten Wahlperiode eine CO2-Kompensation für Dienstflüge abgeschafft", sagte Haßelmann den Funke-Zeitungen. Die Grünen hätten sich immer wieder dafür eingesetzt, die Kompensation wieder einzuführen. Zudem forderte Haßelmann ein grundlegendes Umdenken in der Verkehrspolitik. "Je attraktiver Bahnfahren wird, desto überflüssiger wird der innerdeutsche Flugverkehr." Es sei absurd, dass Fliegen subventioniert werde, Bahnfahren aber teuer bleibe.

Auch der Linken-Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch sprach sich für attraktivere Alternativen zum Fliegen wie zuverlässige und zügige Bahnverbindungen aus. "Ausgleichszahlungen sind gut und richtig, beheben das Grundproblem jedoch nicht", sagte er den Funke-Zeitungen.

Mitglieder des Bundestages nutzen das Flugzeug etwa für Reisen in ihren Wahlkreis oder für Einzel- oder Delegationsreisen, um sich vor Ort über Entwicklungen in ihren Fachbereichen zu informieren. So reisten Mitglieder des Verteidigungsausschusses dem Funke-Bericht zufolge 2018 in den Kosovo, um dort stationierte Bundeswehrsoldaten zu besuchen. Die Bundestagsverwaltung bezifferte den Anteil der Reisen von Abgeordneten in ihren Wahlkreis an den Flugreisen nicht.