Hannover (epd). Der Vorstand der Bertelsmann Stiftung, Jörg Dräger, hat eine gesellschaftliche Debatte über das Thema künstliche Intelligenz angemahnt. Statt über kurzfristige Effekte zu diskutieren, müssten die langfristigen Konsequenzen in den Blick genommen werden, sagte er dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Samstag). "Sie sind extrem prägend für die zukünftige Gesellschaft."
Künstliche Intelligenz werde häufig mit dem "Terminator" oder der "Matrix" aus Kinofilmen assoziiert. "Und die politische Debatte dreht sich meistens darum, wie viele Jobs vernichtet werden", sagte Dräger. Beides führe zu Abwehrreaktionen. "Besser wäre es, wir würden darüber diskutieren, wie wir unsere menschlichen Fähigkeiten mit Hilfe der Maschinen verbessern können. Denn darum geht es. Der gesellschaftliche Nutzen sollte im Vordergrund stehen."
Algorithmen seien genauso gerecht oder ungerecht wie Menschen, sagte der 51-Jährige weiter. "Wenn ich sie entsprechend baue, können sie für Gerechtigkeit sorgen. Sie können uns aber nicht die gesellschaftliche Debatte darüber abnehmen, was gerecht ist." Dies müsse in einem politischen Prozess entschieden werden.
Dräger zufolge muss der Staat Bedingungen für das Wirken intelligenter Maschinen schaffen mit dem Ziel, dass diese dem Gemeinwohl dienen. Dabei lohne sich ein Blick nach China. "Das Leben der Chinesen ist quasi algorithmisch durchdrungen." Das gehe soweit, dass durch Einhaltung staatlicher Vorgaben oder anderes Wohlverhalten Boni in einem Bürger-Konto aufgebaut werden, mit deren Hilfe man etwa an Schlangen Wartender vorbei ins Flugzeug steigen dürfe.
China dürfe kein Vorbild sein, unterstrich Dräger. Doch das Beispiel mahne zur Eile, eigene Antworten zu finden. "Wir müssen darüber reden, was wir wollen und was es keinesfalls geben darf."