Das große Live-Rollenspiel „Reformation ins Spiel gebracht“ in Sommerhausen
© Evangelisches Jugendwerk Würzburg
Das große Live-Rollenspiel „Reformation ins Spiel gebracht“ in Sommerhausen (2017).
Wenn Ablass-Händler Tetzel plötzlich wieder unterwegs ist
Mehr als 200 Konfirmanden werden im Oktober in Sommerhausen zum Reformationsspiel erwartet
Im Oktober geht es für die evangelische Jugend des Dekanats Würzburg zurück in die Vergangenheit. Beim Reformationsspiel lassen sie die Zeit Martin Luthers wieder auferstehen, um die Reformation greifbarer und verständlicher zu machen. Mitmachen dürfen aber nicht nur Konfis.
16.07.2019
epd
Daniel Staffen-Quandt

Wer am 12. Oktober ohne Vorwarnung durchs das malerische Örtchen Sommerhausen bei Würzburg schlendert, könnte mal kurz ins Grübeln geraten. Denn an jenem Samstag katapultiert sich die Marktgemeinde zurück ins späte Mittelalter - genauer gesagt in die Zeit Martin Luthers. Mehr als 200 Konfirmanden aus den Gemeinden des evangelischen Dekanats Würzburg nehmen an diesem Tag an einem Reformationsspiel teil. Die bis zu 80 Schauspieler, die den Jugendlichen diese vergangenen Zeiten näherbringen sollen, sind als Mönche, Pilger, Büttel, Nonnen oder als Handwerker und Bürger verkleidet. Kurzum: Ein Riesen-Spektakel!

Erstmals hatte die Evangelische Jugend das Reformationsspiel im Jahr 2017 auf die Beine gestellt. Die Idee dahinter war damals wie heute, den Jugendlichen den Reformator Martin Luther, seine Beweggründe und seine Zeit möglichst realistisch zu schildern. "Das geht natürlich in einer Großstadt mit viel moderner Architektur nur schwer", sagt Frank Grohmann, Jugendreferent im Dekanat. Also machte man sich auf die Suche - und wurde im benachbarten Sommerhausen fündig. "Dort ist etliches an mittelalterlicher Gebäudesubstanz erhalten, und der Ort hat für unsere Zwecke die richtige Größe, also: Er ist übersichtlich."

Buntes Treiben mit mittelalterlicher Musik

Das Spektakel von 10 bis 16 Uhr wird ein teiloffenes Rollenspiel sein. In den Straßen und Gassen soll ein buntes Leben und Treiben herrschen mit mittelalterlicher Musik von den "Padberger Spielleuten". Außerdem wird es beispielsweise eine Druckwerkstatt geben, eine Schmiede und eine Schreibstube. An den Stationen müssen die Konfirmanden einige Aufgaben erledigen, aber auch auf den Wegen durch Sommerhausen werden ihnen verkleidete Schauspieler und Statisten begegnen. Etwa der Ablassprediger Tetzel und seine Büttel, die eine Ausbreitung von Luthers Reformationsthesen mit allen Mitteln verhindern wollen.

"Jeder ist natürlich zum Zuschauen eingeladen - gerne auch in einer passenden Verkleidung", sagt Jugendreferent Grohmann. Allerdings bitten die Veranstalter, sich nicht zu sehr ins Geschehen einzumischen. Die fest eingerichteten Stationen - etwa das Papierschöpfen - seien den Konfirmanden vorbehalten. Nach wie vor ist die Evangelische Jugend auf der Suche nach dem ein oder anderen, der sich als Schauspieler beteiligen will. "Einige Rollen sind schon besetzt wie etwa der Kerkermeister, andere noch nicht", sagt er. Auch Statisten würden noch gebraucht: "Je mehr, desto realistischer, desto besser."

Damit es auch optisch möglichst realistisch zugeht, dürfen sich die Reformationsspiel-Akteure in den Kostümbeständen des Würzburger Mainfrankentheaters und der Giebelstädter Florian-Geyer-Festspiele (Kreis Würzburg) bedienen. Finanziert wird das Ganze vor allem über Haushaltsmittel der Dekanatsjugend sowie verschiedene Zuschüsse und Spenden. Das heißt: Die Teilnahme ist kostenlos. Der große Andrang vor zwei Jahren und auch jetzt zeige, wie begehrt und wichtig solche Angebote sind, sagt Grohmann. Aber öfter als im Zwei-Jahres-Zyklus lasse sich das keinesfalls stemmen: "Das ist wirklich viel Arbeit."

"Wenn dieses für viele Konfirmanden heute eher abstrakte Geschehen 'Reformation' nach diesem Tag etwas plastischer, greifbarer oder sogar verständlicher geworden ist, hat sich die Mühe gelohnt", erläutert der Dekanats-Jugendreferent. Wer beispielsweise nach dem Schöpfen des Papiers und einem Besuch der mittelalterlichen Schreibstube begriffen habe, wie aufwendig allein das handwerkliche Prozedere für Luthers Bibelsetzung gewesen sei, der könne wohl auch besser nachvollziehen, "welchen inneren Drang Luther verspürt haben muss, genau das zu machen, was er gemacht hat".