Die meisten Kirchentagsbesucher sind Wiederholungstäter.
© epd-bild/Jens Schlueter
Gottesdienst auf dem Marktplatz in Halle an der Saale beim evangelischen Kirchentag 2017. Die meisten Kirchentagsbesucher sind Wiederholungstäter.
Viele Teilnehmer halten dem Kirchentag die Treue
Gemeinschaftserlebnis ist Besuchern am wichtigsten
Die meisten Kirchentagsbesucher sind Wiederholungstäter. Sie suchen vor allem Gemeinschaft und wollen Kirche mal anders erleben. Aber auch Glaubensfragen und politische Themen stehen hoch im Kurs. Das Publikum ist noch immer relativ jung.
18.06.2019
epd
Thomas Krüger

Jugendgruppen aus Kirchengemeinden, Scharen von Konfirmanden und Tausende Pfadfinder als freiwillige Helfer: Sie prägen evangelische Kirchentage seit vielen Jahren. Doch stimmt das Image vom "jungen Kirchentag" noch immer? Um sich ein Bild von den Teilnehmern machen zu können, lässt der Kirchentag seine Besucher von einem Marktforschungsinstitut befragen. Beim letzten Kirchentag 2017 in Berlin waren die Teilnehmer demnach im Durchschnitt 41,3 Jahre alt, ein Anstieg um vier Jahre gegenüber Stuttgart 2015.

Die offizielle Statistik des Kirchentages signalisiert einen langsamen, aber stetigen Anstieg älterer Besucher. Der Anteil der über 50-Jährigen lag danach 2017 bei 41 Prozent, sechs Jahre zuvor in Dresden waren es noch knapp 37 Prozent. Dass der Kirchentag generell älter wird, mag Sprecher Stephan von Kolson dennoch so pauschal nicht bestätigen.

Besucher bleiben dem Kirchentag treu

Das Berliner Treffen im Jahr des 500. Reformationsjubiläums könnte auch ein "Ausreißer" gewesen sein, sagt Kolson: "Das Reformations-Thema war für Ältere besonders attraktiv." Zudem lebe der Kirchentag auch von den vielen Konfirmandengruppen. Von ihnen seien aber 2017 sehr viele ins Konfi-Camp nach Wittenberg gepilgert und nicht nach Berlin, so dass sie nicht alle statistisch erfasst wurden.

Dass der Anteil der Älteren aber offenbar langsam steigt, könnte mit dem Phänomen zu tun haben, dass viele Teilnehmer immer wieder zu den alle zwei Jahre stattfindenden Treffen reisen. Berlin war laut Umfrage nur für jeden Fünften der erste Kirchentag. Mehr als jeder Vierte war schon zwei- oder dreimal auf dem Protestantentreffen, 13 Prozent brachten es gar auf zehn Kirchentage und mehr.

"Die Leute sind sehr treu", stellt Kolson fest. "Wer sich als junger Mensch hat begeistern lassen, kommt meist auch wieder zum Kirchentag." Bei manchen gebe es aber mit Anfang 30 eine Pause mit Berufseinstieg, Familiengründung und Hausbau. Menschen in dieser Lebensphase - junge Eltern und Familien - will der Kirchentag mit Angeboten wie dem "Zentrum Kinder" verstärkt ansprechen. Denn die Statistik bestätigt Kolsons Einschätzung: Danach machen die 30- bis 39-Jährigen nur rund sieben Prozent der Besucher aus, im Vergleich zu 14 Prozent bei den 18- bis 29-Jährigen und 16 Prozent bei Gästen im Alter von 40 bis 49 Jahren.

Gezielte Besucherwerbung spielt eine wachsende Rolle. Dabei setzt der Kirchentag zunehmend auf soziale Medien. Die zuletzt personell verstärkte Social-Media-Redaktion postet seit Monaten täglich auf Facebook und Instagram über den bevorstehenden Dortmunder Kirchentag. Über 30.000 Internetnutzer haben die Facebook-Seite des Kirchentags abonniert.

Als wichtigste Informationsquelle über das evangelische Glaubensfest hat die Kirchentags-App dem gedruckten Programm inzwischen den Rang abgelaufen: In Berlin nutzten sie fast drei Viertel der Teilnehmer, 56 Prozent schauten ins Programmheft, nur knapp dahinter landete die Webseite. Der Kirchentag zog daraus Konsequenzen und ließ für Dortmund nur noch 60.000 statt wie bisher 100.000 Programme drucken. Die Teilnehmer konnten bei ihrer Anmeldung aus Umweltgründen auf das Printprodukt verzichten. Kolson rechnet für Dortmund mit täglich rund 100.000 Kirchentagsbesuchern.

Als Motiv für den Besuch des Kirchentages rangiert das Gemeinschaftserlebnis ganz oben: 82 Prozent der Befragten bewerten dies als wichtig oder sehr wichtig. Häufig genannt werden auch Musik und Konzerte (77 Prozent) sowie die Möglichkeit, Kirche mal ganz anders erleben zu können (76 Prozent). Auch Glaube und Spiritualität (70 Prozent) und gesellschaftspolitische Themen (67 Prozent) erzielen hohe Werte.

Es sei dieser Mix, der die spezielle Atmosphäre eines Kirchentags ausmache, erklärt Kolson: "Hier kommen fröhliche, einander zugewandte und an Gott und der Welt interessierte Menschen zusammen und machen die Stimmung in der gastgebenden Stadt besonders." Viele Engagierte holten sich hier Anregungen für den Gemeindealltag, zum Beispiel für neue Formen von Gottesdiensten. Reizvoll sei auch die sonst kaum vorhandene Möglichkeit, prominenten Politikern und Fachleuten zu begegnen und Stars aus der Musikszene wie Anna Loos oder Adel Tawil live zu erleben.