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TV-Tipp: "Nord Nord Mord: Sievers und die Tote im Strandkorb" (ZDF)
29.4., ZDF, 20.15 Uhr
Seit dem zweiten Film begannen die Episodentitel von "Nord Nord Mord" stets mit "Clüver und…", obwohl die Reihe von Anfang an als Ensemble-Krimi angelegt war. Nun ist Clüver in Rente. Weil das ZDF die Konstellation - ein väterlicher Chef und zwei deutlich jüngere Mitarbeiter - nicht verändern wollte, hat er seit Herbst 2018 einen Nachfolger.

Väterlich ist der neue Vorgesetzte von Hinnerk Feldmann (Oliver Wnuk) und Ina Behrendsen (Julia Brendler) allerdings nur dem Alter nach. Carl Sievers ist als Typ eher in sich gekehrt; Peter Heinrich Brix spielt ihn entsprechend introvertiert. Das macht die Konstellation gerade mit Oliver Wnuk umso interessanter, denn der repräsentiert das komödiantische Element der Geschichten quasi im Alleingang und ist nicht nur deshalb von den drei Hauptdarstellern womöglich am ehesten unverzichtbar. Dass die zehnte Folge der Reihe, "Sievers und die Tote im Strandkorb", eigentlich "Feldmann und das tröpfelnde Trio" heißen müsste, hat allerdings andere Gründe: Der forsche Feldmann findet seinen Meister, und das sind weder der Chef noch die Kollegin, sondern drei rüstige Rentner, die ihn gleich zweimal übertölpeln.

Geschickt setzt Thomas O. Walendy in seinem dritten Drehbuch für die Reihe zunächst eine Marke: Sievers, quasi gerade erst auf Sylt angekommen, kündigt seinen Abschied an. Als Nachfolgerin hat er Behrendsen vorgeschlagen, was Feldmann mächtig wurmt; deshalb sorgt er fortan dafür, dass die Kollegin schlecht da steht. Selbstredend geht der Schuss nach hinten los, zumal die beiden nur als Team richtig gute Arbeit leisten. Angesichts des Kompetenzgerangels rückt die Krimihandlung beinahe in den Hintergrund. Wie zweitrangig diese Ebene ist, verdeutlicht spätestens die Auflösung: Im Grunde ist es völlig egal, wer für das Ableben der Toten im Strandkorb verantwortlich ist; Hauptsache, es war keiner der drei alten Männer. Die junge Frau war Pflegerin in einer Seniorenresidenz. In der Nähe des Leichenfundorts irrt ein verwirrter älterer Herr umher, der immer wieder bekräftigt, der Schatz sei in Sicherheit. Über ihn stoßen die Ermittler auf die beiden anderen: Bolt, Osborn und der demente Pinter sind seit Jahrzehnten Freunde; sie waren 35 Jahre zusammen bei der Seenotrettung und sind auch im Seniorenheim unzertrennlich.

Selbst wenn es sonst keinen Grund gäbe, diesen Film zu empfehlen: Er wäre schon allein wegen Dieter Hallervorden, Dietrich Hollinderbäumer und Rolf Becker sehenswert; "tröpfelndes Trio" geht auf eine entsprechende Bemerkung Bolts während einer gemeinsamen Pinkelpause zurück. Neben den Szenen, in denen sie Feldmann düpieren, hat sich Walendy einige weitere wunderbare Momente für die drei ausgedacht; unter anderem lässt er sie im Vernehmungsraum Skat spielen und Bier trinken. Am Ende verabschieden sie sich samt dem tatsächlich existieren Schatz mit einem Seemannslied. Die eigentliche Geschichte scheint dagegen etwas unnötig kompliziert erzählt, weil sie letztlich ganz einfach ist und einen ähnlichen Hintergrund hat wie der zweite Prag-Krimi der ARD, "Der kalte Tod" (2018). Das können Sievers, Feldmann und Behrendsen natürlich nicht ahnen, weshalb sie Pinter erst mal festnehmen. Weil Feldmann dafür gesorgt hat, dass Mitbewohnerin Behrendsen verschläft, muss er Pinter allein in die Untersuchungshaft aufs Festland bringen; unterwegs wird er prompt übertölpelt.

Regisseur Christian Theede hat auch Walendys Folge "Clüver und die tödliche Affäre" inszeniert. Die beiden scheinen sich gut zu ergänzen, denn auch dieser Film lebte vor allem von Wnuks Humoresken. Oft sind es Kleinigkeiten sowie ein gutes Gespür für den richtigen Rhythmus, die die komischen Effekte hervorrufen: Die mittlerweile wache Behrendsen fährt Feldmann hinterher und hinterlässt eine böse Nachricht auf seiner Mailbox; in diesem Moment taumelt ihr der Kollege gefesselt und mit einem Sack über den Kopf, aber selbst in großer Not noch um elaborierte Wortwahl bemüht ("Ich bin in einer misslichen Lage"), vors Auto. Und da Walendy offenbar selbst großen Spaß daran hatte, dem ewigen Besserwisser Feldmann eins auszuwischen, findet sich der bedauernswerte Kommissar gegen Ende ein zweites Mal in Fesseln wieder, weil er den drei Alten erneut auf den Leim gegangen ist. Gäbe es Titel für einzelne Akte, müsste dieser Teil des Films "Ein Trio für Rio" heißen.

Einen Sievers-Akt gibt es hingegen nicht, das war in den Episoden mit Robert Atzorn anders, zumal sich Clüver regelmäßig in weibliche Hauptverdächtige verliebte. Die in der letzten Folge angedeutete Romanze zwischen Sievers und Therapeutin Tabea (Victoria Trauttmansdorff) wird zwar fortgesetzt, aber auf zwei kurze Teefreundschaftsbegegnungen reduziert. Andererseits braucht Brix dank seiner Präsenz nicht viel, um einer Szenen seinen Stempel aufzudrücken. Er verkörpert den Hauptkommissar bevorzugt, ohne eine Miene zu verziehen, weshalb es völlig genügt, wenn er mal eine Augenbraue hebt.