Was er anpackt, macht er mit Leib und Seele. Als Landesbischof war Ulrich Fischer 16 Jahre lang, von 1998 bis 2014, Oberhirte von rund 1,25 Millionen Protestanten in Baden: fröhlich, offen und für jeden ansprechbar. Heute ist er genauso gerne Pensionär und hilft voller Tatendrang auf dem Pferdehof seiner Tochter mit, umringt von Enkeln. Am Dienstag (11. Februar) wird der evangelische Theologe 70 Jahre alt.
Die Landeskirche hatte einen offiziellen Empfang zu seinen Ehren am 12. Februar geplant. Doch nun habe er die Feier leider wegen einer "schweren Erkrankung" kurzfristig absagen müssen, sagte Fischer dem epd. An diesem Montag (4. Februar) sollte sich Fischer einer Operation unterziehen. Die Landeskirche hat um Fürbitten gebeten.
Kein Machtwort-Mensch
Der gebürtige Lüneburger bezeichnete es immer als "Privileg", Bischof zu sein. In seiner Amtszeit hat er die Landeskirche nachhaltig geprägt. Nach dem Studium der Theologie in Göttingen und Heidelberg stand er im badischen Sandhausen erstmals auf der Kanzel. Bis heute hat er mehr als 1.000 Predigten gehalten. Und so wie ein Pfarrer seine Ortsgemeinde führe, so habe er die Landeskirche geleitet, erläutert er sein Amtsverständnis.
Oft sei er um ein Machtwort gebeten worden, erzählt er. Dies stehe ihm als evangelischer Bischof jedoch nicht zu. Denn in der evangelischen Kirche gebe es das "Priestertum aller Glaubenden", daher könne er nur beraten, vermitteln und mit Worten überzeugen.
Die Verbindung von Wissenschaft und christlichem Glauben stellt für ihn keinen Widerspruch dar. Im beruflichen Leben könne sich niemand der Logik der Wissenschaften entziehen, dies sollte auch in der Kirche gelten. "Der Glaubende muss irgendwann durch das Nadelöhr des Denkens", ist der Theologe überzeugt. Die historisch-kritische Auseinandersetzung mit biblischen Texten habe ihn "frei gemacht".
Nachhaltig als Kernthema
Seine große Stärke ist der direkte Draht zu den Menschen, Jungen und Alten, Protestanten oder Katholiken, Zweifelnden und Glaubenden. Sein großes Thema ist die Nachhaltigkeit: in kirchlichen Strukturfragen, in der Medienarbeit und vor allem in der Umweltpolitik. So war er im baden-württembergischen Beirat für nachhaltige Entwicklung und in der Ethik-Kommission der Bundesregierung zur sicheren Energieversorgung.
Bis heute gilt sein Engagement den Fragen von Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. "Wir können die ökonomischen und ökologischen Lasten, die wir hinterlassen, nicht den nachfolgenden Generationen überlassen", ist Fischer überzeugt. Als Bischof legte er kurze Dienstwege mit dem Fahrrad zurück und nutzte Straßenbahnen und Züge.
Bereits vor seinem Amtsantritt am 1. April 1998 hatte Fischer eine gerechtere Einkommensverteilung auch in der Landeskirche und eine Begrenzung von höheren Einkommen gefordert. Dies wurde schnell umgesetzt - zuerst bei seinem eigenen Bischofsgehalt.
Die ökumenischen Uhren ticken anders
An Baden schätzt der Landesbischof nicht nur das milde Klima und den Wein, sondern auch die liberal geprägten Menschen. Bundesweit einzigartig sei hier das ökumenische Klima. Fischer formuliert es so: "In Baden gehen die ökumenischen Uhren anders." Neben einer 2004 verabschiedeten "Charta Oecumenica" zu ökumenischen Gemeindepartnerschaften hat er mit seinem damaligen katholischen Amtsbruder Robert Zollitsch auch den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht in Baden-Württemberg mitentwickelt.
Auch innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) war und ist Fischer engagiert, heute etwa als ehrenamtlicher Vorsitzender des Vertrauensrates der Arbeitsgemeinschaft Missionarische Dienste (AMD). Früher war er Vorsitzender des Präsidiums der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), zudem Medienbischof und Vorsitzender des Verwaltungsrats des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik (GEP).
Privat verwirklicht der Vater dreier erwachsener Töchter und mehrfacher Großvater sein Projekt Großfamilie. Zusammen mit seiner Frau lebt er auf dem Reiterhof einer Tochter und deren Familie. Dort hilft er kräftig mit und hat im Ruhestand den Traktorführerschein gemacht.
Zu seinen Leidenschaften zählt auch die Kirchenmusik. Er selbst spielt Gitarre und Posaune. Der aktive Bläser ist Landesobmann der Posaunenarbeit der badischen Landeskirche und Vorsitzender des Evangelischen Posaunendiensts in Deutschland, dem Dachverband für 117.000 evangelische Blechbläser.
Fischer liebt besonders die Musik von Johann Sebastian Bach. "Musik ist für viele Menschen das wichtigste Fenster zum Glauben", ist er überzeugt.