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TV-Tipp: "Tatort: Der höllische Heinz" (ARD)
1.1., ARD, 20.15 Uhr
Die Handlung dieses Films mit Christian Ulmen und Nora Tschirner erinnert an die Entstehung des "Tatort" aus Weimar. Unter einer Westernstadt wird zufällig ein Rohstoff entdeckt, der zur Gruppe der Seltenen Erden gehört.

So ähnlich begann Weihnachten 2013 auch die Erfolgsgeschichte von Lessing und Dorn: Der Film "Die Fette Hoppe" war eigentlich als Einzelstück gedacht. Der MDR hatte um Konzepte für ein neues "Tatort"-Team gebeten, und der Entwurf eines witzigen ungleichen Ehepaars – er ein wandelndes Lexikon, sie ein bodenständiger Bauchmensch – war viel zu gut, um es nicht zu nutzen. "Der höllische Heinz" ist bereits der achte Krimi mit dem Duo. Die Drehbücher stammen stets von Murmel Clausen und Andreas Pflüger, die diesmal einen Ostern (mit kurzem "o") erzählen. Regisseur Dustin Loose widerstand zum Glück der Versuchung, daraus eine Parodie zu machen. Es gibt zwar verschiedene Western-Elemente, und vermutlich hatten die Autoren beim Verfassen der Dialoge viel Vergnügen, aber der Film ist auch als Krimi interessant.

Die Handlung beginnt bedrohlich: Die Einwohner von El Doroda haben sich zusammengerottet, um Heinz Knapps (Peter Kurth), den Geschäftsführer der Westernstadt, zur Rede zu stellen. Sie haben ihn bereits mit einem Strick um den Hals auf sein Pferd gesetzt, aber Knapps kann im letzten Moment den Kopf aus der Schlinge ziehen: Nicht er, sondern der Häuptling sei Schuld an den jüngsten Entwicklungen. Irgendjemand nimmt trotzdem Rache, tötet sein Lieblings-Longhorn und legt ihm den Schädel des Tiers ins Bett; offenbar ein Filmfreund. Häuptling Einsamer Wolf kommt ebenfalls nicht davon: Er wird am nächsten Tag tot aus einem Fluss gefischt, beschwert mit einem Motorblock. Der Häuptling war der Besitzer des Grund und Bodens, auf dem El Doroda steht. Bei Bohrungen ist ein wertvoller Rohstoff in offenbar großer Menge gefunden worden; Wolfs gewaltsames Ableben sollte offenbar verhindern, dass die Stadt geschlossen wird. Um der Sache auf den Grund zu gehen, mischt sich Dorn als Western-Reiterin unter die Bewohner. Lessing fühlt derweil einer Unternehmerin (Marie Lou Sellem) auf den Zahn, denn gleich mehrere Spuren führen zu ihrem etwas unterbelichteten Sohn (Martin Baden), dem Anführer einer Motorrad-Gang; der Motorblock stammte ebenfalls von einem Motorrad.

Ähnlich wie beim "Tatort" aus Münster wirkten auch die Krimis aus Weimar mitunter bloß wie ein Vorwand, um Ulmen und Tschirner möglichst viele Pointen zu bescheren. Die Mischung ist Clausen und Pfüger diesmal besser gelungen: Die Geschichte ist reizvoll, aber der Humor kommt trotzdem nicht zu kurz. Vor allem die zotigen Gags wirken zwar, als seien sie vom Laster gefallen, aber im Großen und Ganzen ist der Humor sehr sympathisch. Außerdem inszeniert Loose viele Scherze auf angenehm beiläufige Weise, sodass sie mitunter fast untergehen. Diese Souveränität ist erstaunlich, denn "Der höllische Heinz" ist erst sein zweiter Langfilm. Der junge Regisseur hat 2015 für seinen Kurzfilm "Die Erledigung der Sache" den Studenten-"Oscar" gewonnen. Seine erste TV-Arbeit war im vorigen Jahr "Déjà-vu"; in dem ziemlich intensiven Krimi suchte das "Tatort"-Trio aus Dresden nach einem Kindermörder. Gemessen an der Spannung dort geht es bei seiner jüngsten Arbeit kurzweilig und stellenweise auch recht makaber zu, denn das gewaltsame Ableben des Häuptlings bleibt nicht der einzige Todesfall. Das Finale mit gleich zwei weiteren Verlusten ist zudem von langer Hand eingeführt, denn am Schluss wird sich rächen, dass ein Hausbesitzer schon seit geraumer Zeit verabsäumt hat, die Klinke in seinem Abstellraum zu reparieren.

Die Handlung ist durchaus komplex, zumal Clausen und Pflüger einigen der Aussteiger (Lina Wandel, Christoph Letkowski) ihre eigenen Geschichten gönnen; darunter ist auch ein früherer Geowissenschaftler (Hans-Uwe Bauer), heute ein Hippie mit Tipi. Trotzdem bleibt noch Zeit für kleine Nebenschauplätze. Dorn zum Beispiel hat neben dem Fall vor allem den angekündigten Besuch von Mutter Lessing im Kopf. Die Dame ist eine offenbar sehr pingelige Frau, weshalb sich die Kommissarin mit einer Zahnbürste in den versteckten Winkeln des Haushalts zu schaffen macht. Nora Tschirner ist ohnehin uneingeschränkter Star des Films, denn sie macht nicht nur zu Pferde eine prima Figur, sondern erledigt auch eine Gesangseinlage im Saloon mit Bravour. Damit die Undercover-Rolle rundum glaubwürdig wird, tritt Dorn dem Gatten bei der ersten Begegnung in El Daroda beherzt in den Unterleib; das ist einer der wenig krachledernen Ausrutscher des Drehbuchs. Genauso wirkungsvoll, aber ungleich subtiler sind jene Momente, in denen Tschirner ihr Spiel bewusst klein hält und bloß mal kurz die Brauen hebt.

Gegen Ende ziehen der Regisseur und die beiden Autoren, die sich als Verfasser eines Outdoor-Ratgebers ein kleines Zitat in eigener Sache erlauben, doch noch die Western-Karte, als es zu einem Duell zwischen Wild Bill Hickock und Jesse James kommt, aber das ist Teil der Show. Ungleich erfrischender ist ein anderer Zweikampf, als ausgerechnet Kopfmensch Lessing dem Anführer der Motorradbande in bester Terence-Hill-Manier beweist, dass man gleichzeitig seine Pistole ziehen und Backpfeifen verteilen kann. Die Liebe zum Detail zeigt sich schließlich auch in der finalen Irisblende, die in den Fadenkreuzkreis des Abspanns übergeht.