Goldammer auf der Tannenbaumspitze.
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Goldammer auf der Tannenbaumspitze.
Vogel auf der Tannenbaumspitze
Reihe für Reihe Tannenbäume - Weihnachtsbaumplantagen sehen öde aus. Für einige gefährdete Vogelarten allerdings sind sie ein guter Lebensraum: Heidelerchen, Baumpieper, Goldammern. Umweltschützer bleiben trotzdem kritisch.

Dirk Hill geht durch seine Weihnachtsbaumplantage, links und rechts stehen die Tannen, kleine, große, alle perfekt in Pyramidenform gewachsen. Der Forstwirtschaftsmeister beugt sich zum Boden und zerteilt mit den Fingern die Gräser: Dort wachsen verschiedene Kleearten, Brennesseln, Kletten, Disteln, Taubnesseln. "Was im Sommer hier los ist", schwärmt er. Es gebe eine große Insektenvielfalt und auch Vogelvielfalt. "Wir sind vom Gift absolut weg", sagt Hill: "Die Natur ist schon genug belastet."

Nordmanntannen haben die Deutschen am Liebsten

Weihnachtsbaumkulturen sind besser als ihr Ruf, das gilt sogar für Intensivkulturen - zu diesem Schluss kommt zumindest eine Studie der Universität Osnabrück, deren Ergebnisse teilweise schon Ende vergangenen Jahres veröffentlicht wurden. Die Wissenschaftler um den Landschaftsökologen Thomas Fartmann untersuchten Plantagen im Sauerland. Reihe an Reihe stehen hier die Tannenbäume. Nordmanntannen sind der Deutschen liebster Weihnachtsbaum.

In den Intensivkulturen würden regelmäßig Dünger und Herbizide gegen Wildkräuter verwendet, schreibt Fartmann in der Studie. Trotzdem kämen die Plantagen im Vergleich zu anderen Nutzungen gut weg: Am Boden fanden die Wissenschaftler viele Laufkäfer- und Spinnenarten. Am bemerkenswertesten aber war die große Zahl gefährdeter Brutvogelarten: Baumpieper, Bluthänfling, Goldammer und Heidelerche.

Einsatz von Chemie auf ein Mindestmaß

"Heidelerchen kommen in nennenswerten Beständen nur noch auf ehemaligen Truppenübungsplätzen und in Weihnachtsbaumkulturen vor", erklärt Reinhard Stock von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), die die Studie gefördert hat. Die Vögel bevorzugen offene Strukturen mit niedriger, lichter Vegetation. Durch das Spritzen mit Herbiziden in den ersten Jahren ist der Unterwuchs unter den Bäumen geringer, wie Fartmann erläutert. Spinnen und Käfer könnten dort gut krabbeln und auch erbeutet werden. "Vögel brauchen ein reiches Insekten- und Samenangebot." Aus Umweltsicht sollte allerdings der Einsatz von Chemie auf ein Mindestmaß begrenzt bleiben, ergänzt Stock.

Reihe für Reihe Tannenbäume - Weihnachtsbaumplantagen sehen öde aus. Für einige gefaehrdete Vogelarten aber sind sie ein guter Lebensraum.


Einerseits könnten die Weihnachtsbaumkulturen ein guter Ersatzlebensraum für seltene Vögel sein, stimmt der Biologe Stefan Stübing von der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie zu. "Andererseits werden durch die Anlagen sowohl in den Mittelgebirgen als auch in den Auen oft die letzten noch vorhandenen, extensiv genutzten Wiesen mit hohem Artenreichtum an Pflanzen und Insekten zerstört." Auch die Fläche der Familie Hill war einst Brachland.

Ersatzlebensraum für seltene Vögel

Im Sauerland wurde viel Grünland in Weihnachtsbaumplantagen umgewandelt, die Fläche wuchs von 9.000 Hektar im Jahr 1990 auf aktuell rund 18.000 Hektar. "Das Sauerland ist damit das bedeutendste Produktionsgebiet von Weihnachtsbäumen in Europa", sagt Fartmann.

Dirk Hill hat seine Plantage in Antrifttal im hessischen Vogelsberg. Nebenan wachsen Obstbäume, über dem nahen Waldstück dreht ein Greifvogel seine Runden. Eigentlich sind Vögel bei Weihnachtsbaumzüchtern nicht sehr beliebt: Wenn sie sich im Frühjahr auf die frischen Triebe der Tannen setzen, können sie die Spitze abbrechen - sehr schlecht für den Engel oder den Stern, der an Weihnachten dort oben hin soll.



Hill zieht eine Art Wäscheklammer mit einer T-förmigen, dünnen Stange aus der Jackentasche und klemmt sie an einen Baum. Auf diese Vogelstäbchen setzen sich die Vögel und schonen die Spitzen. Am Rande des Weihnachtsbaumfeldes hat Hill hohe Stangen aufgebaut: "Für Greifvögel und Eulen. Sie fangen die Mäuse." Turmfalken und Sperber sieht er da oft sitzen.

Natürlich sei es ein Plus, wenn in einer intensiv bewirtschafteten Agrarlandschaft plötzlich ein anderes Element auftauche, sagt der Waldreferent der Umweltschutzorganisation Robin Wood, Rudolf Fenner, zum Auftreten seltener Vogelarten in Weihnachtsbaumplantagen. "Aber das ist noch lange kein natürlicher Raum und kein Argument, auf Bio zu verzichten." Es wäre doppelt besser, wenn man die Flächen nicht begiften würde - für die Natur und für die eigene Gesundheit.

Heimische Bäume kaufen

Robin Wood rät genauso wie der Nabu zum Kauf von heimischen Weihnachtsbäumen aus Öko-Plantagen oder aus dem Wald. Im ökologischen Weihnachtsbaumanbau würden die zur Neupflanzung vorgesehenen Flächen nicht mit Herbiziden gespritzt, sondern mechanisch beispielsweise durch Schafe von Aufwuchs befreit, erklärt der Nabu.

Die Hills mähen das Gras zwischen den Bäumen und mulchen, statt zu spritzen und zu düngen. Manchmal entdecken sie auch Rebhühner und Eidechsen in ihrer 3,5 Hektar großen Anlage. "Auch Hasen gibt es", flüstert jetzt Dirk Hills kleine Tochter: Sie liegen in ihren Sassen unter den Tannen.