Abdur Rahman ist froh. Auch, wenn der 75-jährige - für seine Verhältnisse - sehr viel Geld einsetzen musste: 1250 Taka, umgerechnet 14,18 Euro brachte er auf. Die steuerte er für das Projekt "Deichreparatur" bei. Er ist einer von vielen Kleinbäuerinnen und -bauern im Dorf Posurbunia im Distrikt Bagerhat in Bangladesch. Bangladesch ist eines der Länder, die die Folgen des Klimawandels besonders stark zu spüren bekommen: Unter anderem muss es mit 40 Prozent Ernteeinbußen zurechtkommen, zum Beispiel durch eine zunehmende Versalzung der Anbauflächen und des Trinkwassers. Bei Posurbunia nun hatten starke Regenfälle, Hochwasser und Überschwemmungen den Deich um das Dorf brüchig gemacht. Die Bauernfamilien verloren ihre Ernten und Habseligkeiten in den Fluten. Die CCDB hatte in der Folge in vielen Gesprächen die lokale Regierung zu überzeugen versucht, sich zu kümmern, blieb aber erfolglos. Also musste man das Schicksal selbst in die Hand nehmen: Mit Unterstützung der CCDB sammelten die Dorfbewohnerinnen und -bewohner Geld ein, um Material für die Reparatur des Deiches zu kaufen. Jeder beteiligte sich mit dem, was sie oder er beisteuern konnte, so auch Abdur Rahman.
Dieses Projekt ist ein Musterbeispiel dafür, wie die CCDB heute arbeitet. "Die Menschen stehen im Zentrum aller Projekte und Programme", schreibt die Organisation in ihrer Selbstdarstellung, "ihre aktive Beteiligung war und ist das grundlegende Prinzip bei allen wertebasierten Konzepten, Prozessen und Tätigkeiten, auf die wir uns konzentrieren." Joyanta Adhikari, Executive Director der CCDB, unterstreicht das in einem Interview mit der Georgetown University (Washington D.C.): "Wir sind da anders als andere Nichtregierungsorganisationen. Unsere Philosophie ist es, nicht an die Organisation selbst zu denken, sondern immer nur an die Menschen."
1973 wurde die CCDB als Nachfolgeorganisation des vom Ökumenischen Rat der Kirchen initiierten "Bangladesh Ecumenical Relief and Rehabilitation Service" (BERRS) gegründet. Damals war gerade der Befreiungskrieg gegen Pakistan zu Ende gegangen und die Organisation sollte sich den Nöten der Armen zuwenden und sich aktiv am Wiederaufbau- und Entwicklungsprozess in Bangladesch beteiligen. Bis 1975 war sie vor allem damit beschäftigt, sich um die vom Krieg gezeichneten Menschen zu kümmern und zu versuchen, diesen eine neue Lebensgrundlage und eine Rückkehr in ein normales Leben zu ermöglichen. Aber schon damals war der Plan, eine langfristige Gemeinwesenarbeit daran anzuschließen.
So konzentrierte sich die CCDB danach vor allem auf die Entwicklung der ländlichen Gebiete, wo durch massive infrastrukturelle und technische Anstrengungen die landwirtschaftliche Entwicklung angekurbelt werden sollte. Dies gelang jedoch nur zum Teil. Deshalb kam man zu der Einsicht, dass eine nachhaltige Entwicklung nicht möglich sei, ohne dass man die Menschen, denen geholfen werden sollte, wirklich ins Zentrum stellt. Und das bedeutete, ihnen echte Teilhabe mittels Zusammenarbeit und vor allem Bildung zu ermöglichen, auf die man fortan verstärkt setzte. Daher änderte sich ab 1980 vieles auf der Steuerungs- und Leitungsebene: Ein großer Teil der Verantwortlichkeit wurde auf die sogenannten "Basisgruppen/People's Institutions" (PI) übertragen.
Leben verbessern statt Glauben verändern
Ab 1996 veränderten sich die Arbeitsweisen erneut tiefgreifend: Die Vergabe von Mikrokrediten wurde eingeführt, aber nicht, wie bei vielen anderen NGOs durch die Organisation selbst, sondern über so etwas wie selbstorganisierte Mikrokreditgenossenschaften, das "People's Managed Savings and Credit Program" (PMSC). So blieben die Gewinne aus diesen Programmen stets bei den Bedürftigen selbst und flossen nicht in die Organisation zurück. Außerdem führte man gemeinschaftliche Gesundheitsprogramme und gemeindebasiertes Katastrophenmanagement als neue Arbeitsschwerpunkte ein. Die CCDB entwickelte sich weiter im Sinne ihrer Ziele und Ideale, zeigte sich als eine lernende Organisation.
Eine der größten Herausforderungen besteht dabei laut Sara Speicher, die für den Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) berichtet, darin, dass es sich bei Bangladesch um ein mehrheitlich muslimisches Land handelt. Bei einem Anteil von 0,3 Prozent an der Gesamtbevölkerung verstehen die Christen sich als "mikroskopisch kleine Minderheit".
Boot und Kreuz als Zeichen für ein besseres Leben
Und die CCDB sei auch nicht auf Bekehrung aus, wie Adhikari betont. Veränderung, Verwandlung ja, aber nicht in einem theologischen Sinne, sondern von einer armen, an den Rand gedrängten Gesellschaft hin zu einer nachhaltigen: "So gesehen evangelisieren wir in einem entwicklungstechnischen Sinne. Wir missionieren nicht, wir versuchen nicht, den bisherigen Glauben der Menschen zu ändern. Wir sind hauptsächlich daran interessiert, ihr Leben zu verbessern, denn das ist es, was Jesus Christus uns lehrt. Wenn ich eine arme Frau auf dem Feld sehe, die niedergeschlagen wirkt – und wenn ich zurückkehre und sie lächelt dann: Das ist ein Erfolg für mich. So arbeiten wir."
So kommt es, "dass das christlich-ökumenische Zeichen der Organisation - Boot und Kreuz - in dem islamisch geprägten Staat landesweit präsent ist als das bei der armen ländlichen Bevölkerung respektierte Signum für ein zum Besseren verändertes Leben", wie "Brot für die Welt" schreibt. Und das ist es auch, was die CCDB über all die Jahre zu einem so verlässlichen Partner, unter anderem für "Brot für die Welt" und die Diakonie Katastrophenhilfe macht: Die entscheidenden Kriterien dafür sind eben nicht die Größe der Organisation und ihre weiteren Finanzierungsquellen, wie man bei Brot für die Welt erläutert, sondern die Nähe zu den Menschen. Und dass sie unverrückbare Ideale hat, die sie - unter permanent veränderten Vorzeichen und in einem beständigen Lernprozess - verfolgt und umsetzt.
"Das können auch andere schaffen"
Das zeigt sich auch im Umgang mit anderen NGOs, der nie von Konkurrenz geprägt ist. Im Gegenteil: Joyanta Adhikari legt Wert darauf, dass die CCDB andere Organisationen bei deren Aufbau und Expansion unterstützt. Er erklärt: "Unsere Intention war es, möglichst viele NGOs aufzubauen, damit sie dem Land helfen können. Was auch immer wir in der Lage sind, zu tun, das können andere auch schaffen."
Ein besonders wichtiger Ansatz der CCDB bei ihrer Arbeit ist die Stärkung der Frauen. So betreibt sie zum Beispiel das "Women's Small Local Organization Program" (WSLO), das Frauen dabei hilft, Management-Fertigkeiten in kleinen lokalen Organisationen zu entwickeln und diese als Multiplikatorinnen einzusetzen, bei Themen wie Menschenrechte, Verkehr, Unternehmensgründungen, HIV/AIDS, Rechtsberatung, Trinkwassergewinnung und Gesundheitspflege, aber auch Geburtenregistrierung beispielsweise.
Hier wie dort sieht sich die CCDB als eine Organisation, die Augen öffnen möchte. Executive Director Adhikari erklärt: "Was immer die Regierung nicht macht, übernehmen wir, um zu zeigen, dass es möglich ist - und damit die Regierung anschließend dann diese Sachen übernimmt. So denken wir."
Und so kommt es, dass Kleinbauer Abdur Rahman aus dem Dorf Posurbunia nach dem Wiederaufbau des Deichs sehr stolz ist: "Das war das erste Mal in unserem Dorf, dass wir Dorfbewohner uns selbst gerettet haben." Denn so wurde tatsächlich das Interesse der Regierung geweckt und Posurbunia wird nun häufig besucht und als Modelldorf vorgestellt.
Es mag nach großen Worten klingen, aber man kann Joyanta Adhikari ruhig glauben, wenn er aus tiefster christlicher Überzeugung sagt: "Unsere Philosophie ist es, dass die gesamte Schöpfung Gottes in Frieden und Harmonie existieren sollte. Wir wollen eine Welt schaffen, in der alle Menschen in Gerechtigkeit und Würde leben können."