Es war eine Katastrophe für die Evangelisch-Reformierte Gemeinde. Gute vier Jahre später steht Pfarrer Dieter Krabbe in seiner neuen alten Kirche zwischen den Stuhlreihen und sagt: "Ich hätte auf den Brand verzichten können, aber heute hat die Gemeinde sehr viele Möglichkeiten, die Kirche bis unter die Decke mit Leben zu erfüllen". Ab 10. November wird bei mehreren Gelegenheiten die Wiedereröffnung gefeiert.
Der Brand hatte den 600 Jahre alten Dachstuhl der Marthakirche zerstört, das Hauptschiff stark beschädigt und den Chorraum ausgeräuchert. Beinahe sofort aber stand fest, die Kirche gleich beim Hauptbahnhof wird wieder aufgebaut, denn die Solidarität der Bürger Nürnbergs und der anderen Kirchen war enorm. "Wir müssen jetzt längerfristig denken und dürfen nicht nur wehmütig zurückschauen und uns nicht abkapseln", erklärte damals der Pfarrer.
Wandel der Zeit architektonisch sichtbar
Die Gemeinde formulierte in einer Ausschreibung ihre Wünsche. "Der Wandel der Zeit soll mit dem Wiederaufbau dokumentiert werden", hieß es darin. Die Technik sollte "vielfältige Nutzungsmöglichkeiten" erlauben, Akustik und Orgel eine wichtige Rolle spielen. Und die Denkmalpflege formulierte ihre Vorgabe, die Außenansicht sei in ihrer historischen Form zu restaurieren.
Wenn man in der wieder aufgebauten Kirche steht, fällt es schwer, sich an die klobigen dunklen Kirchenbänke zu erinnern. Sie ließen früher, in Kombination mit den dicken Bohlen des Bodens, die alte Marthakirche irgendwie vollgestellt aussehen. Heute hat das Gotteshaus einen gestampften imprägnierten grauen Lehmboden. Wer zur Decke hinaufblickt, entdeckt eine mehrschichtige Struktur aus diagonal versetzten Bretthölzern, dazwischen Hunderte kleiner Lämpchen. Ein "Abrahams-Himmel", schwärmt der Pfarrer.
Die alten Steine der Mauern und Säulen wurden vom Ruß gesäubert und wiederverwendet. Die Seitenwände und die Außenpfeiler sind mit einem neuen, deutlich helleren Sandstein erneuert, weil der früher genutzte, typisch rotbraune Sandstein vor den Toren Nürnbergs nicht mehr zu bekommen ist, erklärte Architekt Florian Nagler.
Die Glasfenster überstanden mit viel Glück den Brand
Die Brandspuren am Altartisch - sie sollten eigentlich weiter an das Unglück erinnern - sind im Laufe der vergangenen vier Jahre verblasst. Sie lassen sich nur noch erahnen. Die beim Brand geschmolzenen Glocken sind ersetzt und im kommenden Jahr wird St. Martha auch wieder eine Orgel bekommen. Highlight der Kirche bleiben aber die historischen bunten Glasfenster. Sie waren glücklicherweise vor dem Feuer zu Restaurierungsarbeiten ausgebaut und eingelagert worden.
Nach der Renovierung ist die Kirche "hell, offen und erdverbunden", beschreibt Pfarrer Krabbe den neuen Raum. Er stellt sich vor, dass seine reformierte Gemeinde in Zukunft diakonische Aufgaben übernimmt. Eine Suppenküche für hungrige Gäste, Studenten der Musikhochschule, die ihre Proben öffentlich abhalten, Deutschunterricht für Flüchtlinge, die Pflegeberufe ergreifen wollen - all das sei hier jetzt möglich.
Eine Facebookseite informiert über Fortschritt
Die Arbeiten an St. Martha haben insgesamt knapp zwölf Millionen Euro gekostet. Darin enthalten seien sowohl die Kosten für den Wiederaufbau als auch Verbesserungsarbeiten, die die Gemeinde kurz vor dem Brand begonnen hatte, teilt Georg Rieger mit. Er ist einer von 1.400 Gemeindemitgliedern. Vom ersten Tag nach dem Brand an hat er die Öffentlichkeitsarbeit für den Wiederaufbau koordiniert und über jeden Baufortschritt über seine Facebook-Seite "Wir bauen St. Martha wieder auf" informiert.
Mit diesem Einsatz hat Rieger sicher dazu beigetragen, dass die Freunde der Marthakirche großzügig bleiben. Ein Symbol für die Spendenbereitschaft ist vielleicht der Bethlehemstern aus Bronze, der jetzt ein Türmchen von St. Martha krönt. Das spendete die Gemeinde der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde in Telechiu in Rumänien.