Fernseher steht auf Tisch
Foto: Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Utta Danella: Lügen haben schöne Beine"
10.8., ARD, 21.40 Uhr
Als das "Erste" diesen Film vor vier Jahren zum ersten Mal gezeigt hat, war die ARD-Tochter Degeto gerade auf dem Weg zu neuen Ufern. Waren die Freitagsfilme bis dahin garantierte kleine Fluchten aus dem Alltag, so wurden die Geschichten nun deutlich anspruchsvoller. Titel und Einstieg der Komödie "Lügen haben schöne Beine" wirken daher zunächst wie ein Rückfall in frühere Jahre…

Die äußerst erfolgreiche, aber auch ziemlich alleinstehende Wirtschaftsmathematikerin Kathrin hätte gern einen Mann, mit dem sie eine Familie gründen kann. Weil die Kerle allesamt einen Rückzieher machen, sobald sie erfahren, dass Kathrin im gehobenen Management arbeitet und entsprechend viel Geld verdient, gibt sie sich beim Speed-Dating kurzerhand als Krankenschwester aus. Der attraktive Andi (Tobias Licht) stellt sich als Anwalt vor, womit das vermeintlich natürliche soziale Gefälle seine Ordnung hat. Nach nicht mal zehn Filmminuten gibt es den ersten Kuss, gefolgt von einer gemeinsam verbrachten Nacht, und während man sich noch fragt, was Stephanie und Thomas Kronthaler (auch Regie) wohl in der restlichen Zeit erzählen werden, findet Kathrin durch Zufall raus, dass auch Andi bei seiner Berufsangabe geschwindelt hat: Er ist Gärtner; und nun beginnt ein kurzweiliges Auf und Ab, in dessen Verlauf das Drehbuch die Geschichte quasi immer wieder neu erzählt.

Die ursprüngliche Idee stammt von Stefanie Straka. Mit Utta Danella hat der Film rein gar nichts zu tun, was kein Nachteil sein muss, denn der Name der verstorbenen Bestsellerautorin ist untrennbar mit der "alten" Degeto verbunden; es gab zwar hin und wieder auch Ausreißer nach oben, doch meist entsprachen die Liebesgeschichten dem Schmonzettenklischee. "Lügen haben schöne Beine" aber ist anders, denn letztlich geht es um ein hochaktuelles Thema. Auch wenn der Begriff "gläserne Decke" nicht fällt, läuft die Geschichte darauf hinaus, dass Frauen nicht nur deutlich mehr leisten müssen als Männer, um die gleichen Aufstiegs-Chancen zu bekommen; sie können sich von der Karriere auch gleich wieder verabschieden, wenn sie Kinder haben wollen, weil deren Väter nicht bereit sind, beruflich zurückzustecken. Das Drehbuch erzählt somit in unterhaltsamer Verpackung exakt das, was gerade die vor allem auf ein weibliches Publikum ausgerichteten Sendeplätze nur selten zu bieten haben: eine starke sympathische Frau, die mit Hilfe eines solidarischen Mannes ohne schlechtes Gewissen Beruf und Familie unter einen Hut bringen will.

Zunächst ärgert sich Kathrin jedoch viel zu sehr über Andis Schwindelei. Deshalb nimmt sie sich vor, ihm den Kopf zu verdrehen und ihn dann abzuschießen, was sie auch tut – stilvoll per SMS; dies ist quasi das Ende des zweiten Aktes. Der dritte beginnt mit der Erkenntnis, dass Andi ihr fehlt. Endlich kommen die Karten auf den Tisch, die Beziehung fängt noch mal bei Null an, aber nun ergibt sich ein anderes Problem: Kathrin ist es gegenüber ihren Kollegen peinlich, dass Andi "nur" Gärtner ist. Es kommt zur erneuten Trennung, der prompt eine weitere Versöhnung folgt, diesmal mit gemeinsamem Kinderwunsch; aber nun ist es Andi, der sich neben der vermögenden Kathrin, die Kleider in Höhe seines monatlichen Gehalts besitzt, klein und schäbig vorkommt, zumal sich ihre Kollegen wie befürchtet das Maul über ihn zerreißen.

Entscheidend für die dramaturgische Plausibilität dieser emotionalen Achterbahnfahrt sind die Nebenfiguren. Johanna Christine Gehlen und Tobias Licht sind eine gute und glaubwürdige Besetzung, weil ihre strenge Attraktivität ebenso gut zu Kathrin passt wie Lichts markante Männlichkeit zu Andi. Aber die nötige Tiefe erhalten die beiden Hauptrollen erst durch die Menschen, die sie mit der Nase auf ihr Glück stoßen müssen: Katja Studtspielt Kathrins Schwester, die eigentlich Kieferorthopädin ist, aber nur halbtags arbeiten kann, weil ihr Mann (Felix Eitner) nicht bereit ist, in seinem Beruf Abstriche zu machen. Bei Andi sind es sein Freund und Kollege Norbert (Michael A. Grimm) sowie seine Schwester (Sabine Menne), die ihm regelmäßig den Kopf waschen. Da Kathrins nackte Beine nie zu sehen sind, bleibt der Titel eine unbewiesene Behauptung, aber er ist natürlich ebenso ein Köder wie der Name Utta Danella. Der Arbeitstitel "Küsse & Karriere" war allerdings auch nicht besser.