Wer den Demeter-Hof von Bernd Lieberherr in Kirchheim am Neckar besucht, wird vom Muhen der Kühe begrüßt. "Trotz der Trockenheit geht es dem Vieh gut", sagt der Bio-Landwirt. Auf seinem Hof steht die Kartoffelernte an. Etwa die Hälfte der Felder hat er dieses Jahr bewässert. Aber auf den nicht bewässerten Flächen sind große Teile der Früchte infolge der Trockenheit vom Drahtwurm befallen. Sie können nicht verkauft werden: "Die löchrigen Kartoffeln geben ein sehr teures Futter für unsere Kühe", sagt der 49-jährige Landwirtschaftsmeister.
Lieberherr ist evangelischer Christ, der Dank für die Ernte ist ihm wichtig. Erntebittgottesdienste und das Erntedankfest wiesen darauf hin, dass Nahrungsmittel nichts Selbstverständliches seien, sagt er: "Dafür geht das Gespür in unserer Gesellschaft verloren, weil es den Bauern, der mitten in einem Dorf lebt und arbeitet, kaum noch gibt."
Jährlich produziert der Landwirt neben 60 bis 70 Tonnen Kartoffeln noch andere Feldfrüchte wie Getreide, Möhren, Zuckerrüben, Mais. Dann sei er etwas breiter aufgestellt, falls etwas ausfalle. Hinzu kommen Weinbau, Klee und Gras für die 38 Kühe.
Es ist ein besonderes Erntedankfest in diesem Jahr der Dürre. "Das Herbstfutter für die Kühe ist bisher noch nicht gewachsen und fällt wahrscheinlich aus", sagt Lieberherr. Aber Heu und Silage für das Winterfutter seien noch da. Auch der Klee, der in diesem Jahr gesät wurde, sei schlecht gewachsen, weshalb mit Ausfällen im nächsten Jahr zu rechnen sei.
Viele Bauern hätten diesen Sommer schmerzhaft erfahren, dass Wachstum und Gedeihen nicht nur von ihrer Arbeit abhängt, sondern auch von dem, was die Natur, das Wetter und das Klima bewirken, sagt Ricarda Rabe, Referentin für den Kirchlichen Dienst auf dem Lande der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Hannover. Am Erntedankfest, das in vielen Kirchengemeinden am 7. Oktober gefeiert wird, könne man dafür beten, dass die Landwirte dieses schwierige Jahr überstehen. "Und dafür danken, dass wir dennoch genug zu essen haben, und darum bitten, dass im nächsten Jahr Saat und Ernte wieder gelingen mögen."
"In Baden-Württemberg sind viele noch mit einem blauen Auge davongekommen", sagt Bio-Landwirt Lieberherr. Anders sieht es im Norden, der Mitte und im Osten Deutschlands aus: Insgesamt sind nach Länderangaben bundesweit rund 10.000 Betriebe so sehr von der Dürre betroffen, dass sie in ihrer Existenz bedroht sind (Stand Ende August). Jeder 25. landwirtschaftliche Betrieb ist nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums betroffen.
Diese Sommerdürre wird voraussichtlich nicht die letzte sein. Zukünftig sei in Deutschland mit einer steigenden Anzahl heißer Tage im Sommer und länger anhaltenden Hitzeperioden zu rechnen, wie das Umweltbundesamt erklärt - eine Folge des Klimawandels. Auch Landwirt Lieberherr merkt: "Es wird eindeutig wärmer." Das Getreide erntet er Mitte Juli - drei bis vier Wochen früher, als es in seiner Kindheit der Fall war. Dasselbe gilt für die Weinlese. "Diese Veränderungen überrollen uns."
Gerade im Getreideanbau sei die Trockenheit bereits zu einem Stück Routine geworden. "Die letzten guten Getreidejahre gab es vor zehn Jahren." Auch im Jahr 2017 sei um die Pfingstzeit zu lange zu wenig Regen gekommen. Ein Fünftel der Ernte sei vertrocknet, erinnert sich der Bio-Landwirt.
Hans Diefenbacher ist Beauftragter des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für Umweltfragen. Er betont: Um den Klimawandel zu begegnen, sei es wichtig, dass die Klimaziele eingehalten würden, zu denen die Bundesregierung sich selbst verpflichtet hat. "Das betrifft dann aber jeden Einzelnen in Deutschland", sagt der Professor am Alfred-Weber-Institut der Universität Heidelberg dem Evangelischen Pressedienst. Denn beim Energie-Sparen und der kritischen Überprüfung von Lebensstilen und Konsumverhalten seien alle gefragt. So schnell wie möglich müsse auf erneuerbare Energiequellen umgestellt werden.
Ein paar Kisten mit Kartoffeln - ohne Drahtwurm - wird Bernd Lieberherr wie jedes Jahr zum Erntedankfest seiner Kirchengemeinde spenden. Zwar habe er als gläubiger Mensch oft mehr Fragen als Antworten, was das Wetter betrifft: "Wie oft habe ich schon Gott um Regen gebeten und er hat mein Gebet nicht erhört." Aber von Hagelschäden, einer Feldmausplage oder Pilzkrankheiten wie in anderen Jahren blieb er diesen Sommer verschont. Und nach dem Bilderbuchseptember erwartet ihn - auch dank Bewässerung - sogar eine großartige Weinernte.
Dieser Artikel erschien zuerst am 30. September 2018 auf evangelisch.de.