TV-Tipp: "Kinderüberraschung" (Sat.1)
18.9., Sat.1, 20.15 Uhr: "Kinderüberraschung"
Der liebe Gott, hat Franz Beckenbauer einst die Folgen eines Seitensprungs kommentiert, freut sich über jedes Kind. Dann wird er an diesem Film erst recht seine Freude haben, denn hier geht es um gleich vier zunächst allerdings noch ungeborene Kinder.

Der Titel bezieht sich daher auch weniger auf eine Überraschung für die Kleinen, sondern für die werdenden Eltern, denn die Pläne der vier betroffenen Frauen fallen den Launen des Schicksals zum Opfer: Logopädin Liane (Pegah Ferydoni) holt voller Vorfreude ihren Freund vom Flughafen ab, weil das Paar nun endlich Nachwuchs produzieren soll, aber der Mann wird bereits Vater; mit einer anderen. Gynäkologin Kathrin Niebling (Bettina Zimmermann) hat bereits zwei Kinder und ihre Familienplanung längst abgeschlossen, als sie noch mal schwanger wird. Ehemann und Praxispartner Volker (Christoph M. Ohrt) findet’s prima, aber er muss ja auch nicht zwei Jahre auf Alkohol verzichten. Besonders böse treibt es das Schicksal mit Julia (Mira Bartuschek) und Jessi (Lara Mandoki). Beide sind in der Praxis der Nieblings künstlich befruchtet worden, aber Kathrin ist ein fataler Fehler unterlaufen: Sie hat die Eizellen verwechselt. In Julia wächst Jessis Kind heran; und umgekehrt.

Dieser Teil der Geschichte ist der zentrale Handlungsstrang, mit dem die beiden anderen eher lose verbunden sind. Lianes einziger Bezug zu den weiteren Figuren ist die Tatsache, dass Volker ihr Frauenarzt ist. Obwohl der Film also viel Zeit mit Julia und Jessi verbringt, entsprechen die beiden dem üblichen Komödienklischee: Architektin Julia strebt die perfekte Schwangerschaft an, Friseurin Jessi ist eine tätowierte Proletarierin. Ihr Mann Steve (Arnel Taci) schlägt sich als Hundesitter durch, das Paar lebt in einem Wohnwagen; kein Wunder, dass das Szenario (Buch: Dorothee Fesel, Birgit Maiwald) wie eine Variation des RTL-2-Dauerbrenners "Frauentausch" wirkt. Selbst die Hinterfragung des Klischees bleibt klischeehaft: Kopfmensch Julia ist ziemlich unentspannt, Jessi entpuppt sich als sensibel und großherzig, Steve hat sich die Kosten für die künstliche Befruchtung im Wortsinne vom Munde abgespart. Knut (Marc Ben Puch), sein Pendant an der Seite von Julia, sucht dagegen umgehend nach einer Möglichkeit, den "Proll-Asis" das Jugendamt auf den Hals zu hetzen, um das Sorgerecht für beide Kinder zu erhalten; und natürlich kommt sein fieses Vorhaben just in jenem Moment raus, als sich die beiden Mütter angefreundet haben und Julias Wehen einsetzen. Dass "Kinderüberraschung" trotz der zunächst eher schlichten Figurenentwürfe Spaß macht, liegt nicht zuletzt an den beiden Darstellerinnen; gerade Lara Mandoki ist ein echter Einschaltgrund.

Dieser Teil des Films hat also zumindest unterschwellig auch dramatische Züge, und die zweite Ebene mit dem Ärztepaar ist ohnehin nicht komisch, denn Kathrin entscheidet sich für einen Schwangerschaftsabbruch. Die Geschichte von Liane dagegen entspricht dem üblichen Schema der romantischen Komödie: Weil sie unbedingt Mutter werden will, lässt sie sich von ihrem Nachbarn Florian (Kai Schumann), einem ungebundenen kinderlosen Spielzeugdesigner mit permanent wechselnden Frauenbekanntschaften, Flirttipps geben. Florians Besucherinnen dürfen nicht älter als 25 sein, weil ihre biologische Uhr dann noch nicht tickt, deshalb passt die 36jährige Nachbarin nicht in sein Beuteschema. Als er jedoch mitbekommt, wie gut seine Ratschläge fruchten, weckt das durchaus gemischte Gefühle in ihm; und natürlich ist auch das alles andere als überraschend. Neben den amüsanten Details sind es auch auf dieser Ebene vor allem die beiden Schauspieler, die dafür sorgen, dass die vorhersehbare Erzählung trotzdem funktioniert. Dank der guten Integration in den Handlungsfluss fällt nicht mal auf, dass sie innerhalb des Films im Grunde ein Fremdkörper ist. Kai Meyer-Ricks hat gerade für Sat.1 schon einige Male gezeigt, dass er scheinbar schlichte Geschichten ("Rockstars zähmt man nicht", "Schlimmer geht immer") sehr amüsant umsetzen kann. Außerdem sorgt er stets dafür, dass seine Schauspieler nicht in Routine verfallen, selbst wenn sie, wie Zimmermann und Ohrt, zum wiederholten Mal als Paar vor der Kamera stehen.

Der Rest ist eine Frage von Timing und Rhythmus. Es wäre zwar entschieden zuviel der Ehre, "Kinderüberraschung" in die Nähe von Til-Schweiger-Komödien wie "Keinohrhasen" oder "Kokowääh" zu rücken, aber das positive Lebensgefühl, das der Film auch dank der diversen Popsongs verbreitet, ist durchaus vergleichbar. Dafür sorgen auch Drehbucheinfälle, die den Figuren zumindest eine emotionale Tiefe verleihen. In einer der schönsten Szenen besuchen die zu diesem Zeitpunkt noch verfeindeten Jessi und Julia gemeinsam einen Geburtsvorbereitungskurs. Erst bauen sie ihre Berührungsängste buchstäblich bei einer Paarübung ab, und als die werdenden Mütter aufgefordert werden, ihre Babys zu spüren, legen die beiden hochschwangeren Frauen ihre Hände jeweils auf den Bauch der anderen; damit ist das Eis endgültig gebrochen. Solche Momente gibt es öfter, und deshalb ist auch zu verschmerzen, dass Meyer-Ricks an anderer Stelle übers Ziel hinausschießt: Hat Florian Frauenbesuch, fallen bei Liane Gegenstände aus dem Regal, und Jessi und Steve treiben es trotz Baby im Bauch derart heftig, dass der ganze Wohnwagen wackelt.