Damit sollte nach Angaben der Veranstalter der Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens symbolisiert werden, auf dem die Arbeit des ÖRK beruht. Der Weltkirchenrat ist eine Gemeinschaft aus 350 Mitgliedskirchen, die insgesamt mehr als eine halbe Milliarde Christen zählt.
Der Marsch führte ins Zentrum der niederländischen Hauptstadt, wo am 23. August 1948 in der Nieuwe Kerk der ÖKR gegründet wurde. Die Teilnehmer erinnerten damit an den Einsatz des Weltkirchenrats für Gerechtigkeit und Frieden. Der Spaziergang führte vorbei an verschiedenen Orten, die im besonderen Zusammenhang mit den Kernthemen des Weltkirchenrats stehen.
Tveit: Enorme Erfolge
ÖRK-Mitgliedskirchen finden sich in allen Regionen der Welt. Zu ihnen zählen die Mehrzahl der orthodoxen Kirchen, alt-katholische, anglikanische, baptistische, lutherische, mennonitische, methodistische, reformierte und unabhängige Freikirchen sowie einige Pfingstkirchen. Die römisch-katholische Kirche, die an die 1,4 Milliarden Gläubigen vereint, ist nicht Mitglied. Vertreter des Vatikan arbeiten jedoch seit Ende der 1960er Jahre in wichtigen ÖRK-Gremien mit.
Bei einem Symposium in Amsterdam erklärte ÖRK-Generalsekretär Olav Fykse Tveit, der ÖKR habe seit seiner Gründung vor 70 Jahren der Zusammenarbeit der Mitgliedskirchen und dem gemeinsamen Einsatz für die Welt gedient. Gemeinsam sei es unter anderem möglich gewesen, Institutionen für Frieden zu schaffen, Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern zu fördern, Menschenrechte zu verteidigen und die Kirchen zu erneuern. Dies seien enorme Erfolge, sagte Tveit.
Die Vorsitzende des ÖRK-Zentralausschusses, Agnes Abuom von der anglikanische Kirche von Kenia, rief dazu auf, diese Grundwerte des Weltkirchenrats zu verteidigen. Christlicher Glaube verlange Gastfreundschaft gegenüber anderen, unabhängig von Kultur, Geschlecht und Herkunft, sagte Aboum bei einem Symposium zum Thema "Gastfreundschaft auf dem Pilgerweg zu Friede und Gerechtigkeit" an der Freien Universität in Amsterdam.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, würdigte anlässlich des 70-Jahr-Jubiläums des Weltkirchenrates die Fortschritte der Ökumene. Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) sei die Antwort auf die Spaltung der Kirchen, sagte Bedford-Strohm am Donnerstag in Amsterdam. "Es gibt keinen katholischen Christus, keinen orthodoxen Christus und keinen protestantischen Christus! Es gibt nur den einen Jesus Christus, der uns alle vereint. Wenn wir uns abfinden mit der Spaltung der Kirchen, verraten wir unseren Herrn Jesus Christus!"
Bedford-Strohm: Spaltungen überwinden
Er sei dankbar, "dass wir das Reformationsjubiläum 2017 zum ersten Mal in der Geschichte der letzten 500 Jahre nicht feierten, um protestantische Identität durch die Herabwürdigung anderer zu beweisen, sondern als einen ökumenischen Ruf, Christus wiederzuentdecken, so wie Martin Luther selbst danach strebte, Christus wiederzuentdecken", fügte Bedford-Strohm hinzu, der auch bayerischer Landesbischof ist. Konfessionelle Traditionen könnten niemals etwas anderes sein, "als ein Fingerzeig auf unseren Herrn Jesus Christus".
In vielen Teilen der Welt sei zu beobachten, wie politische Bewegungen zunehmen, die in ihren Programmen Spaltung, Intoleranz und die Verherrlichung ihrer eigenen Nation propagieren, so Bedford-Strohm: "Jahrzehnte eines stabilen gesellschaftlichen Konsenses haben ihre Macht verloren. Nationalismus, Rassismus und Ausgrenzung von Gruppen von Menschen scheinen plötzlich legitime Werkzeuge im politischen Wettbewerb zu sein - sogar im Zentrum der sogenannten freien Welt." Der Ökumenische Rat der Kirchen sei vor 70 Jahren gegründet worden, um genau solche Spaltungen zu überwinden, die zu einem schrecklichen Weltkrieg mit vielen Millionen Opfern geführt hatten.
Frömmigkeit sei eine "mächtige Kraft, um politisch zu werden", betonte Bedford-Strohm nach seinem Redemanuskript. "Wenn wir vom Leiden der Welt und unserer geringsten Brüder und Schwestern wirklich bewegt werden, müssen wir uns einmischen, um dieses Leiden zu überwinden - und wenn die Gründe für dieses Leiden politisch sind, müssen wir zu einer öffentlichen Kirche werden, die Position bezieht, wenn es in öffentlichen Debatten zu Fragen geistlicher und ethischer Führung kommt", sagte der evangelische Sozialethiker. Viele dieser Fragen könnten nur auf globaler Ebene verhandelt werden. Darum müsste der ÖRK jetzt dringend erfunden werden, wenn es ihn nicht schon gäbe.