Die überwältigende Mehrheit der Mitglieder der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA) ist weiß und hat europäische Vorfahren. Doch nun scheint sich die lutherische Identität von der Identität der Nachkommen von Einwanderern aus Europa etwas zu lösen. Am 18. August wird in Janesville im Staat Wisconsin mit Viviane Thomas-Breitfeld die erste afroamerikanische Bischöfin der Kirche ins Amt eingeführt. Thomas-Breitfeld wird damit Bischöfin der Süd-Zentral-Synode (South-Central Synod) von Wisconsin. Die ELKA ist die größte lutherische Kirche Nordamerikas. Sie entstand 1988 durch den Zusammenschluss dreier lutherischer Kirchen. Die Bischöfe und Bischöfinnen werden für sechs Jahre gewählt.
Thomas-Breitfeld, die mit dem lutherischen Pastor Fred Thomas-Breitfeld verheiratet ist und zwei erwachsene Kinder und drei Enkelkinder hat, wurde am 6. Mai dieses Jahres auf der Süd-Zentral-Synode im fünften Durchgang mit 224 zu 150 Stimmen zur Bischöfin gewählt. Bereits einen Tag zuvor hatte die Synode von Südost-Pennsylvania eine afroamerikanische Bischöfin gewählt. Patricia Davenport wird am 22. September eingeführt. Die Wahlen seien ein "Durchbruch" gewesen, sagt Thomas-Breitfeld, ein Zeichen, dass der "Heilige Geist mit Macht wirkt".
Das Wasser der Taufe sei dicker als Blut
Zu Ihrer Einführung erwarte sie ein buntes Zusammenkommen von Menschen und "vielfältige Musik und Gebete, die zum Ausdruck bringen, wie wir als Kirche aussehen möchten", sagt Thomas-Breitfeld dem Evangelischen Pressedienst (epd) . Doch die rund 3,5 Millionen Mitglieder zählende ELKA tat sich bislang eher schwer mit der Vielfältigkeit. "Wir sagen immer wieder, dass Gott uns rufe, eine vielfältige, inklusive und multikulturelle Kirche zu werden", erklärt die Leitende ELKA-Bischöfin Elizabeth Eaton im Informationsdienst "Religion News Service". Doch man sei "stecken geblieben". Die überwältigende Mehrheit der Mitglieder ist weiß. Sie hoffe, Gott öffne "unsere Augen, um die Gaben von Menschen zu sehen, die nicht aus Europa stammen".
Nach ihrer Ordination zur Pastorin 1980 betreute Thomas-Breitfeld Gemeinden in Wisconsin. Zeitweilen arbeitete sie als Geistliche in einem Krankenhaus und an einer Universität. Als Lutheranerin sei für sie die Lehre von der Rechtfertigung allein aus Glauben ausschlaggebend, sagt die Bischöfin. Sie gehöre einer demografischen Gruppe an, die gesellschaftlich nicht immer geschätzt werde. Doch von Gott würden alle Menschen wertgeschätzt. Und was Rassentrennung angehe: Schon ihr Vater habe ihr gesagt, das Wasser der Taufe sei "dicker als Blut".
Weiß, oft aus ländlichen Gegenden und älter
Wie andere protestantische Kirchen in den USA verliert die ELKA seit Jahren Mitglieder. Europäische Kirchen seien wohl noch stärker von Rückgang betroffen, sagt Thomas-Breitfeld, doch auch vielen Menschen in den USA bedeute die Kirche nicht viel. "Wir haben nicht immer Christi Liebe vermittelt", räumt die Bischöfin ein. "Menschen haben einen Hunger nach Liebe und wollen angenommen werden". Wenn die Kirche das anbiete, "werden die Menschen zu uns kommen". Sie wolle "Jesus predigen". Jesus sei durchaus politisch gewesen und habe auf der Seite der Armen gestanden. So habe er mit der Frau am Brunnen gesprochen, die laut Bibeltext von anderen verachtet wurde.
Beim Thema Politik gehen die Ansichten US-amerikanischer Lutheraner auseinander. Demografisch zeigen sich gewisse Ähnlichkeiten von der ELKA und Wählern der Republikanischen Partei: Weiß, oft aus ländlichen Gegenden und eher älter. In den Kirchenbänken säßen auch Donald-Trump-Wähler, erklärt Bischöfin Thomas-Breitfeld. "Er hat Menschen erreicht, die fürchteten, ins Hintertreffen zu geraten. Sie haben seinen Ruf gehört."
ELKA-Bischöfin Eaton ruft ihre Kirche häufig zum Einsatz gegen Rassismus auf. Inzwischen habe die Kirche "die Realität des institutionellen und strukturellen Rassismus" anerkannt, erklärte Eaton bei einer ökumenischen Anti-Rassismuskundgebung in Washington im April dieses Jahres. Eaton predigt auch bei Thomas-Breitfelds Einführungsgottesdienst.