Mini-Globus auf einer Hand
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Eine "grüne Reformation"?
Verabschiedung vom Anthropozentrismus
Ökologische Theologie ermutigt zu einer neuen Haltung der Kirche. Sie gibt wichtige Impulse für die dringend notwendige Umkehr zu einer nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsweise.
31.07.2018
EKD-Flugschrift Reformationstag 2018

Der Obertitel dieses Beitrags ist der Titel einer Tagung, die 2017 in Hofgeismar stattgefunden hat. Dort haben Vertreter und Vertreterinnen der sogenannten ökologischen Theologie ihre Beiträge vorgestellt.(1) Der bekannteste Vertreter einer solchen ökologischen Theologie ist Jürgen Moltmann. Für ihn ist die ökologische Theologie nicht eine Theologie, die die ökologischen Fragen zu den anderen ethischen Fragen dazuaddiert. Ökologische Theologie ist für ihn ein Weg, sich vom Anthropozentrismus vergangener Jahrhunderte zu verabschieden, was auch die Grundfragen in Theologie und Kirche radikal verändert.

Eine dieser Grundfragen lautet heute nicht mehr "Was bedeutet die Natur für den Menschen?", sondern "Was bedeutet der Mensch für die Natur?". 
Dazu zitiert er einen Witz: Treffen sich zwei Planeten. "Wie geht es dir?", fragt der eine. "Nicht so gut", sagt der andere. "Mir ist ganz heiß, ich habe Fieber. Und es juckt überall." Sagt der eine: "Ach, mach dir keine Sorgen. Das ist Homo sapiens. Das geht vorbei."

Die Einsicht, dass die Erde auch ohne den Menschen überleben wird, ist nach der Prognose vieler Wissenschaftler durchaus wahrscheinlich.
Diese veränderte Perspektive verunsichert zunächst, kann aber auch zu einer neuen und heilsamen Hermeneutik führen, mit der Bibeltexte gelesen und verstanden werden.

Im ersten Schöpfungsbericht (1 Mose 1) wird zum Beispiel beschrieben, dass die Erde vor dem Menschen geschaffen wird. Die Erde ist also ein Subjekt, das den Menschen trägt und ernährt. Der Mensch als letztes Geschöpf ist dagegen zutiefst abhängig von den anderen Geschöpfen, während diese durchaus auch ohne den Menschen leben können. Der Mensch ist auch nicht die "Krone der Schöpfung", nur weil er am sechsten Tag geschaffen wurde. Am Ende der Schöpfung steht der Sabbat, die Ruhe Gottes. Erst mit ihr wird die Schöpfung vollendet, der Sabbat ist also die Krone der Schöpfung.

Grüne Reformation verändert Haltung zur Erde

Auch für das Erlösungshandeln Gottes in der Gegenwart und der Zukunft – so die ökologische Theologie – spielt die Erde eine viel größere Rolle.
Die große Verheißung der Bibel für die Zukunft ist die Erschaffung eines neuen Himmels und einer neuen Erde. Diese Neuschöpfung, die Transformation der alten Erde in die neue Erde beginnt – so Moltmann – mit der Auferweckung Jesu. Diese neue Erde ist gekennzeichnet von der Nähe Gottes, von dem Ende von Leid, Tränen und Tod und vom umfassenden Schalom, in dem Gott alles in allem sein wird. Es ist also keine Erlösung von der bösen Erde, sondern eine Erlösung mit ihr zusammen.

Diese Wiederentdeckung biblischer Schätze ermutigt zu einer neuen Haltung der Kirche, zu einer "grünen Reformation", die für die anstehende, dringend notwendige Umkehr zu einer nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsweise wichtige Impulse geben kann. Nach der Reformation Luthers, in der der Kerngedanke der Versöhnung mit Gott auch eine Veränderung der Kirche und der Gesellschaft zur Folge hatte, steht nun eine neue grüne Reformation an, bei der die Versöhnung mit Gott auch zu einer anderen Haltung zur Erde führt. 

Diese grüne Reformation zeigt sich in einer neuen Ehrfurcht des Menschen gegenüber der Erde, die nicht ein Objekt, sondern ein Subjekt ist, mit dem wir zusammenleben und mit dem wir tief verbunden sind. Die Erde ist ein Geschöpf, das leiden kann und sich wie der Mensch nach Erlösung sehnt. Mit der Erde zusammen hoffen wir als Kirche auf eine neue Erde und einen neuen Himmel.

(1) Vgl. Biehl, Kappes, Wartenberg-Potter, Grüne Reformation, ökologische Theologie, Missionshilfe-Verlag, Hamburg 2017