Betende Hände
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Wenn ein christlich Herz ernstlich zu Gott betet, schreit, seufzet, fleht, und hält an, so ist's unmöglich, dass ein solch Gebet nicht sollte von Gott erhöret werden. – Martin Luther
Plädoyer für ein drängendes Beten
Gott lässt sich tatsächlich herausfordern
Ruhe und Stille sind wichtig. Das Evangelium fordert jedoch mehr als Mediation. Es fordert heraus zum aktiven Handeln.
31.07.2018
EKD-Flugschrift Reformationstag 2018

"Wer unter euch hat einen Freund und ginge zu ihm um Mitternacht und spräche zu ihm: Lieber Freund, leih mir drei Brote; denn mein Freund ist zu mir gekommen auf der Reise, und ich habe nichts, was ich ihm vorsetzen kann,... Ich sage euch: Und wenn er schon nicht aufsteht und ihm etwas gibt, weil er sein Freund ist, so wird er doch wegen seines unverschämten Drängens aufstehen und ihm geben, so viel er bedarf."  
Lukas 11, 8

Meditation ist nach wie vor en vogue, das besinnlich-beschauliche Warten darauf, dass der Geist Gottes einen heimsucht. Hören, von sich selbst absehen, Gott in die eigene Ruhe und Stille kommen lassen. Geschlossene Augen, offene Hände. Feines Zeichen dafür, dass wir Protestanten mithalten können mit östlichen Religionen. Gelassener Rückzug, körperlich, seelisch wohltuend. 

Autor:in
Susanne Breit-Keßler
Susanne Breit-Keßler

Susanne Breit-Keßler war viele Jahre lang feste Autorin für chrismon, vor allem mit ihren Kolumnen "Im Vertrauen" und "Mahlzeit". Bis 2019 war sie Regionalbischöfin des evangelischen Kirchenkreises München-Oberbayern. Ihre journalistische Ausbildung absolvierte sie bei der Süddeutschen Zeitung und beim Bayerischen Rundfunk. Mehrere Jahre sprach sie "Das Wort zum Sonntag" in der ARD.

Aber das Evangelium drängelt sich immer wieder lautstark und ungemütlich in unser Herz und Hirn, um Aufmerksamkeit zu erwecken. Da wirft einer den anderen nachts aus dem Bett, weil er überraschend Besuch bekommen und nichts zum Essen hat. Der missmutig Aufgeweckte, Gott, hat keine Lust aufzustehen, tut es aber doch, weil der andere gar so bettelt, so unerbittlich zudringlich ist. 

Jesus ermuntert zum Ungestüm – zur emotionalen Unruhe. Der wahre Beter, die hoffnungsvolle Beterin, sie können vom Grund ihrer Bitte nicht lassen: dem brennenden, unauslöschlichen Wunsch nach Brot, nach einem Mittel zum Leben. Gott ist ansprechbar, wenn unsereins darauf insistiert, dass er ganz allein uns retten kann. Diese unverschämte Zudringlichkeit ist nicht ego-, sondern theozentrisch. Auf Gott bezogen.

Dringend, zu glauben: Bei Gott ist Erlösung. Nicht im Supermarkt der Religionen, der auch nachts geöffnet hat. Nicht im Kellervorrat eigener, alter eingemachter Überzeugungen. Gewiss kommt Gott auch, wenn man stumm vor Angst ist. Aber er lässt sich jedenfalls herausfordern durch das verzweifelt klare Bewusstsein: Kein anderer als der Vater Jesu Christi kann helfen. Wie, weiß nur er allein. 

"Wenn ein christlich Herz ernstlich zu Gott betet, schreit, seufzet, fleht, und hält an, so ist’s unmöglich, dass ein solch Gebet nicht sollte von Gott  erhöret werden." 
Martin Luther