Gerade "die schönste Zeit des Jahres" ist nach den Erfahrungen der evangelischen Urlauberseelsorgerin Maike Selmayr für einige Erholungssuchende mit Belastungen verbunden. Während die einen zur Ruhe kommen könnten, fielen andere in der Stille plötzlich in ein Loch, sagte Selmayr dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Sie merken dann: Die Sorgen habe ich leider nicht zu Hause gelassen, sie holen mich am Urlaubsort ein." Enttäuschung komme dann auch auf, weil sich die Erholung nicht einstelle. Im Gegenteil: "Ich merke, da muss ich selber erst mal an mir arbeiten. Oder Trauer kommt hoch, weil man jemanden verloren hat."
Das gelte längst nicht für jeden, aber in besonderem Maße für Menschen, die aus einer Belastungssituation kämen oder bei denen am Urlaubsort ein lange verdeckter Konflikt aufbreche. Oft gehe es um den Verlust eines geliebten Menschen, um Stress in der Beziehung oder in der Familie. Viele seien hilflos, wenn sie sich beispielsweise mit dem Partner oder den Kindern wieder versöhnen wollten. Dann kämen am Urlaubsort die Fragen hoch: "Wie gehe ich damit um, wenn ich in einer Beziehung scheitere? Wie kann ich mir und dem anderen vergeben? Wie kann ich sagen: Es tut mir leid?"
In Andachten der Urlauberseelsorge gebe sie dazu Impulse und stehe auch zu persönlichen Gesprächen zur Verfügung. So habe sie vor kurzem mit einer Urlauberin über die schwere Krankheit einer Freundin und den Tod eines anderen Freundes gesprochen. "Da war es gut, dass sie rauslassen konnte, was sie bedrückt." Das wolle im Alltag selten jemand hören. "Menschen bleiben gerade mit belastenden seelischen Eindrücken oft alleine."
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Es gehe dann nicht um Ratschläge, betonte Selmayr. "Hinhören ist gefragt. Ehrlich hinschauen: Wo fehlt es an Liebe zu anderen, zu Gott oder auch zu mir selbst? Manchmal hilft es schon, wenn jemand einfühlsam zuhört und sagt, was er dazu denkt." Dabei könne es wichtig sein, dass sie als Urlauberseelsorgerin eine anonymere Gesprächspartnerin sei als der Gemeindepastor zu Hause. "Nicht jeder möchte, dass der andere genau weiß, wie es in seiner Seele ausschaut." Auch bei anderen Angeboten kämen oft Gäste, die sonst keine Kirche besuchten. Besonders beliebt seien Strandandachten unter freiem Himmel.
Selmayr studierte nach dem Abitur in Lüneburg Betriebswirtschaft verbunden mit Angewandten Kulturwissenschaften und beschäftigte sich dabei auch mit Tourismusmanagement. Später studierte sie in Bethel, Münster, Jerusalem und Göttingen Theologie. Nach einem Vikariat in Emden und fünf Jahren als Pilgerpastorin in Loccum war sie Gemeindepastorin in Selsingen, bevor sie nach Cuxhaven kam.