Sehenswert war der Film trotz gewisser dramaturgischer Schwächen nicht zuletzt aufgrund der ebenso namhaften wie ausgezeichneten Besetzung. Die Fortsetzung krankt an den gleichen Fehlern, begeht aber noch weitere. Das ist schade, denn das zentrale Thema ist nicht minder brisant: Nach zehnjähriger Forschung im Kongo hat Molekulargenetiker Schwarz (Benjamin Sadler) endlich herausgefunden, wie sich Krebs wirksam bekämpfen lässt. Weil das entsprechende Medikament ein gigantisches Geschäft verspricht, wird der Forscher prompt zum Spielball der globalen Konzerne.
Es dauert allerdings eine Weile, bis Drehbuchautor Florian Oeller, der auch "Tödliche Geheimnisse" geschrieben hat, zur Sache kommt. "Jagd in Kapstadt" beginnt mit einem "Was bisher geschah", und das ist auch bitter nötig. Die Handlung des ersten Films war jedoch viel zu umfassend, um sie in kurzen Ausschnitten zu erläutern, weshalb es zunächst viele Informationsdialoge gibt. Dabei ließen sich beide Teile auf einen Satz reduzieren: Das global agierende Unternehmen Norgreen Life dominiert den weltweiten Handel mit gentechnisch verändertem Saatgut und einem passenden Pflanzenschutzmittel, das allerdings im Verdacht steht, Krebs zu erregen; nun will das Unternehmen weitere Milliarden mit der Krebsbekämpfung verdienen. Personifiziert wird dieser Raubtierkapitalismus durch die Konzernchefin Lilian Norgren (Katja Riemann). Ihre Gegenspielerinnen sind die Journalistinnen Karin Berger und Rommy Kirchhoff (Anke Engelke, Nina Kunzendorf). Beide haben für das große deutsche Nachrichtenmagazin Der Puls gearbeitet. Als sie Lilian Norgren zunehmend auf die Nerven gingen, hat die Milliardärin kurzerhand den Verlag gekauft.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Weil Oeller jedoch, sei es freiwillig oder auf Wunsch der Degeto, zusätzlich zu den Fragen von Wirtschaft und Moral auch viel Gefühl einbauen musste, sind die verschiedenen Emotionsebenen des größtenteils in Südafrika entstandenen Films beinahe komplizierter als die eigentliche Geschichte: Die hochschwangere Lilian hatte ein Verhältnis mit ihrer ehemaligen rechten Hand, Paul Holthaus (Oliver Masucci). Er hatte sich Rommy im ersten Teil als Informant angeboten und ist nun nicht nur Lilians Gefangener, sondern auch der Erzeuger des Kindes. Außerdem hat der Mann Ärger mit seinem Sohn Max (Leonard Scheicher), der ihm nicht verzeihen kann, dass er beim Tod der Mutter geschäftlich unterwegs war; trotzdem hilft Max den Journalistinnen, ihn zu suchen. Lilian wiederum hat Krach mit ihrer erwachsenen Tochter Tessa (Paula Beer), die sich von der Mutter losgesagt hat. Die beiden Eltern/Kind-Konflikte sind aber nur theoretisch spannend, weil es kaum gemeinsame Momente gibt; gerade die Szenen mit der hochbegabten Paula Beer muten wie ein Alibi an.
Dennoch machen die beiden Jungdarsteller ihre Sache erneut gut. Ausgerechnet für Engelke und Kunzendorf gilt das nur mit Einschränkungen. Auch Karin und Rommy waren einst ein Paar, weshalb ihre gemeinsame Recherche immer wieder durch Streitereien gestört wird. Gemessen an der Brisanz des eigentlichen Themas ist dieser Beziehungskleinkram nicht nur überflüssig, er lässt die Schauspielerinnen im Unterschied zum ersten Film auch nicht immer gut aussehen. Rundum überzeugend ist daher allein Benjamin Sadler. Während die großen Gefühle bei den anderen mitunter bloß behauptet wirken, darf Sadler auch mal nur seine Ausstrahlung wirken lassen (Regie führte wie beim ersten Film Sherry Hormann). Schwarz ist zudem die moralische Instanz der Handlung: Er hat sowohl im wörtlichen wie auch im übertragenen Sinn keinerlei Aktien im Spiel. Ausgerechnet ihm muss Oeller deshalb einen Makel andichten, damit das Kapital am Ende besonders verabscheuungswürdig erscheint: Der Schwarz-Förderer und Menschenfreund Larry Jordan (Francis Chouler), der mit seiner Suchmaschine das Internet beherrscht, entpuppt sich als genauso skrupellos wie Lilian Norgren.
Das größere Manko des Films ist jedoch ein anderes: Für einen Thriller ist "Jagd in Kapstadt" schlicht nicht fesselnd genug. Anfangs sorgt Fabian Römers Musik immerhin für Spannung, aber die Scharfschützin, die gleich zu Beginn Rommy mit ihrem Präzisionsgewehr ins Visier nimmt, weckt Erwartungen, die der Film gar nicht erfüllen will. Viele Passagen sind zudem sicht- und hörbar auf Englisch gedreht und synchronisiert worden; aber nicht jeder Schauspieler ist automatisch auch ein guter Synchronsprecher.