Wenn sich die ARD-Tochter Degeto oder das ZDF mit dem ORF zusammentun, sind die Ergebnisse fast immer gute Filme. „Dennstein & Schwarz“ gehört zu den wenigen Ausreißern nach unten. Schon die Geschichte ist eher schlicht: Bei einer Testamentseröffnung stellt sich raus, dass der verblichene Graf Dennstein einen unehelichen Sohn hat. Weil die adlige Familie eine gierige Mischpoke ist, will sie mit allen Mitteln verhindern, dass der als „Bastard“ und „Erbschleicher“ diskreditierte Fritz (Robert Lanner) ein Drittel des millionenschweren Erbes erhält. Zunächst versuchen es die Dennsteins im Guten und bieten ihm eine Million Euro. Der Biobauer könnte das Geld zwar gut brauchen, lehnt aber trotzdem ab und bittet seine frühere Freundin Therese Schwarz (Martina Ebm) um Hilfe. Die Juristin freut sich, ihre Jugendliebe wiederzusehen, und stürzt sich in den Kampf gegen Anwältin Paula Dennstein (Maria Happel), die in den Clan eingeheiratet hat. Als Kanzleibesitzer Biron (Wolfram Berger) den Fall zur Chefsache erklärt, weil Gräfin Dennstein (Krista Stadler) ihm ein Angebot gemacht hat, das er nicht ablehnen kann, kündigt Therese kurzerhand. Da sie ahnt, dass die Familie das Testament anfechten wird, besorgt sie sich heimlich DNS-Proben von Fritz und seinem Halbbruder, Paulas Ehemann Felix (Johannes Krisch); zu ihrer Verblüffung gibt es jedoch keine Übereinstimmung.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Während Zuschauer mit profunder Krimi-Erfahrung spätestens bei der Einwilligung der Witwe in einen DNS-Test ahnen, wie der Hase läuft, kommt es Therese seltsamerweise nicht in den Sinn, dass der negative DNS-Befund auch andere Gründe haben könnte; damit verspielt Autorin Konstanze Breitebner schon mal ihren ersten Trumpf. Es bleiben zwar noch ein paar andere, darunter die unerfüllte Romanze zwischen Therese und dem mittlerweile verheirateten Fritz, aber die stechen nicht, weil „Dennstein & Schwarz“ in der Umsetzung durch Michael Rowitz immer wieder zur Klamotte wird. Das ist durchaus verwunderlich; der erfahrene Regisseur hat zuletzt für die Degeto die Auftaktfilme zu den sehenswerten Reihen „Hotel Heidelberg“ und „Über die Grenze“ gedreht. Gerade die Mitglieder der Adelsfamilie werden jedoch völlig übertrieben dargestellt. Das gilt vor allem für Felix, den Johannes Krisch als ganz und gar unkomische Witzfigur verkörpert. Der Wiener hat im deutschen Fernsehen zuletzt vor allem formidable Schurken gespielt: einen Mafia-Boss in „Über die Grenze“ („Gesetzlos“) und einen korrupten LKA-Beamten in „Harter Brocken: Die Kronzeugin“. Hier grenzen seine Darbietungen ans Chargieren; eine Szene, in der Felix betrunken nach Hause kommt, ist sogar ein bisschen peinlich. Die Rolle von Gattin Paula ist ähnlich überzeichnet, zumal die vollschlanke Anwältin, die angesichts von Problemen erst mal was zu essen braucht, regelmäßig in unmotiviertes Gelächter ausbrechen muss. Schauspielerisch interessant ist die Komödie allein wegen der gemeinsamen Szenen der beiden auf den ersten Blick so unterschiedlichen Juristinnen, die im Verlauf des Rechtsstreits herausfinden, dass sie nicht nur viel gemeinsam haben, sondern sich auch gut ergänzen. Das muss auch so sein, schließlich macht das Kaufmanns-Und im ohnehin nach Reihe klingenden Titel die beiden zum Team. Die Adelsfamilie wird in den etwaigen Fortsetzungen hoffentlich keine Rolle mehr spielen.
Sehenswert ist allerdings die Bildgestaltung. Sie wirkt, als hätten sich Rowitz und Kameramann Andrés Marder an der Kitschästhetik alter Ansichtskarten orientiert, was den Aufnahmen der herbstlichen Steiermark (gedreht wurde im Ausseer Land im steirischen Salzkammergut) einen reizvollen Farbstich gibt. Bei den Innenaufnahmen sorgt schrägt einfallendes Licht mehrfach für reizvolle Bilder, und wenn im Wald der Morgennebel aufsteigt, ist das ebenfalls schön anzuschauen. Die Kamera selbst ist allerdings mitunter entschieden zu agil, das passt ebenso wenig zur Handlung wie die zum Teil recht schnelle Schnittfrequenz; eher schon zur flotten und gern auch mal rockigen Musik von Helmut Zerlett. Die handwerkliche Ebene verdeutlicht jedenfalls ein konkretes Konzept, was den Kontrast zu der mitunter ins reinste Bauerntheater ausartenden Führung der Darsteller noch verstärkt. Unter den Hauptrollen sind Therese und Fritz, den Robert Finster glaubwürdig als Naturburschen und Öko-Aktivisten verkörpert, die einzigen ernstzunehmenden Figuren. Gerade das Spiel von Martina Ebm, hierzulande in erster Linie als eins der „Vorstadtweiber“ bekannt, ist im Vergleich zu den überkandidelten Dennsteins wohltuend unprätentiös. Zum Ausgleich setzt Rowitz sie mit Hilfe von Marder mehrfach wie einen klassischen Filmstar in Szene; der Kameramann hat es sich offenbar zum Ziel gesetzt, ihre blauen Augen durch ein spezielles Licht besonders gut zur Geltung kommen zu lassen. Falls Ebm noch Werbung in eigener Sache braucht: Dieser Film tut viel dafür.