Foto: Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Steirerkind" (ARD)
7.4., ARD, 20.15 Uhr: "Steirerkind"
Als das "Erste" 2017 den Provinzkrimi "Steirerblut" ausstrahlte, wirkte der Film wie eine der vielen Koproduktionen zwischen der ARD-Tochter Degeto und dem österreichischen ORF. Die Ergebnisse dieser gedeihlichen Kooperation, meist Komödien, sind eigentlich immer sehenswert. "Steirerblut" war jedoch keine Koproduktion, sondern ähnlich wie bei einem ausländischen Kinofilm ein Lizenzkauf. Da der Film also ursprünglich nur für ein österreichisches Publikum entstanden ist, brauchten die Schauspieler keine Rücksicht auf beispielsweise norddeutsche Zuschauer nehmen. Deshalb mussten einige Dialoge offenbar synchronisiert werden, was aber stellenweise fast schon dilettantisch klang. Der zweite Film mit dem Ermittlerpaar Sandra Mohr und Sascha Bergmann (Miriam Stein, Hary Prinz), "Steirerkind" (erneut nach einem gleichnamigen Roman von Claudia Rossacher), ist das Ergebnis einer echten Zusammenarbeit und gleich eine Klasse besser; für die Maßstäbe von Regisseur Wolfgang Murnberger, der auch hierzulande dank Komödien wie "Die Spätzünder" einen ausgezeichneten Ruf genießt, war "Steirerblut" eher unterdurchschnittlich. In der Fortsetzung jedoch passt vieles einfach besser zusammen.

Der neue Fall führt das ungleiche Duo vom LKA Graz erneut in die Obersteiermark: Wenige Tage vor dem "Nightrace" von Schladming wird der Trainer des österreichischen Abfahrtslaufteams tot auf der Piste gefunden. Mohr und Bergmann stellen bald fest, dass der als lebende Legende verehrte Mann bei einigen seiner Mitmenschen regelrecht verhasst war. Zu den Hauptverdächtigen zählen sein Bruder (David Rott), der ihm viel Geld schuldete, und sein Sohn Lukas (Christopher Schärf), dem er die Liebe zur Nachtclubtänzerin Elena (Liliane Zillner) verbieten wollte; mit beiden hat er sich am Abend des Mordes lautstark gestritten. Ein Motiv hätte auch Ziehsohn Mario (Ferdinand Seebacher): Der Star des Teams hat nicht länger eingesehen, dass der Teamchef die Sponsorengelder einstreicht.

Interessanter als die lautstarken Auseinandersetzungen zwischen den Angehörigen, die den Krimi dank des kräftigen Dialekts mitunter ohnehin wie ein Heimatfamiliendrama wirken lassen, ist die Idee, die Geschichte im Milieu des Skirennsports anzusiedeln. Das international bekannte Nachtrennen macht aus dem Wintersportdorf quasi über Nacht eine große Kleinstadt; ein reizvoller Hintergrund, den der Film weidlich nutzt. Gerade die hierzulande völlig unbekannten jungen Sportlerdarsteller zeichnen sich zwar eher durch Eifer als durch schauspielerisches Talent aus, aber wie schon bei "Steirerblut" machen Stein und Prinz die Defizite des Films spielend wieder wett, zumal das Drehbuch (Agnes Pluch, Wolfgang Murnberger, Maria Murnberger) die Handlung um eine reizvolle Ebene ergänzt: Bergmann wanzt sich auf eine Weise an die deutlich jüngere Kollegin ran, die an sexuelle Belästigung grenzt. Umso witziger ist die Idee, dass Sandra Mohr stattdessen eine Nacht mit Bergmanns Sohn Daniel (Johannes Nussbaum) verbringt, ohne allerdings etwas von dem Verwandtschaftsverähltnis zu ahnen; da fällt selbst ihrem sonst nie um einen Spruch verlegenen Chef nichts mehr ein. Es gibt eine Vielzahl solcher Begebenheiten, die mit der Krimihandlung nichts, mit dem Charme des Films aber umso mehr zu tun haben, zumal Murnberger dafür sorgt, dass "Steirerkind" auch in den potenziell zotigen Momenten nicht zum plumpen Lustspiel wird: Weil Schladming komplett ausgebucht ist, müssen Mohr und Bergmann beim Ortskommandanten und seiner Frau (Johannes Zeilen, Anna Unterberger) schlafen. Das sympathische Paar ist mitten in der Familienplanung; und ausgerechnet jetzt ist Eisprung. Bergmann sucht das Weite, landet im Nachtclub und sorgt prompt für eine gewisse Befangenheit, als er kurz darauf gemeinsam mit Mohr Tänzerin Elena vernehmen will. Inmitten all der Wintersportanhänger fühlt sich Fußballfan Bergmann ohnehin wie ein Fremdkörper, zumal er schon froh ist, wenn er das "Bergvolk" ohne Dolmetscher versteht.

Da Murnberger ein alter Hase ist, wirken diese Szenen nie konstruiert oder bemüht. Außerdem verschaffen sie der Handlung eine Ebene, die im Grunde interessanter ist als die Mördersuche; "Steirerkind" ist ohnehin ein ziemlich entspannter Krimi. Schon der makabre Leichenfund verdeutlichtet, dass in dem Film mindestens ebenso viel Komödie steckt: Entdeckt wird der unter viel Schnee verborgene Trainer nur deshalb, weil zufällig an dieser Stelle ein Loch für eine Slalomstange gebohrt wird; dabei hatte der Mörder gehofft, der Leichnam werde erst im Frühjahr auftauche, und bis dahin sei ganz viel Schnee über die Sache gefallen. Der entsprechen Fuhrpark mit seinen Schneekanonen und den riesigen Maschinen, die die Piste präparieren, sorgen in der Mordnacht zudem für eindrucksvolle Bilder.