Zu oft nehmen wir es einfach hin, dass wir getauft sind. Dabei ist das heutzutage schon längst nicht mehr selbstverständlich, wie jüngst eine europäische Studie zeigte. Wer im Alltag von Jesus redet, wird deswegen gern in die Extremisten-Ecke gesteckt. Religion ist inzwischen so sehr Privatsache geworden, dass die öffentliche Rede von Glaube und Jesus außerhalb der Kirchenräume gerne mal für schiefe Blicke sorgt.
Das gilt auch für soziale Medien. Die lauten Stimmen der Christen auf Twitter, Facebook und YouTube sind oft die, denen man auch als Protestant nicht immer zustimmen will. Wenn es um die Auferstehung Christi geht, um Schöpfung und Evolution, um Kirchensteuer oder die Wirksamkeit von Gebeten, stehen sich oft die Christen, die an nichts zweifeln, und die radikalen Humanisten, die sämtliche Kirchen zu Blumenläden machen wollen, unversöhnlich gegenüber.
Diese Diskussionen, in denen sich radikale Stimmen gegenseitig anschreien, formen das Bild von Christen in der Öffentlichkeit. Das ist auch ohne Internet so. Wer schon einmal erklären musste, dass er zwar gläubig ist, aber die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Evolution trotzdem nicht in Bausch und Bogen verdammt, der kennt das.
Dabei wäre es im Netz so einfach, viel stärker zu zeigen: Christen sind nicht nur die, die alles und jeden mit der Bibel erklären und überzeugen wollen. Die meisten Christen stehen wie jeder andere auch in der Welt. Sie leben, lachen, lieben, zweifeln, hadern und finden manchmal, aber nicht immer, ihren Trost und ihre Stärke in Gebet und Bibel. Je mehr Getaufte und Gläubige ganz selbstverständlich zeigen, dass sie zur Gemeinschaft der Heiligen gehören, umso deutlicher wird, wie viele wir tatsächlich sind. Die schrillen Stimmen werden leiser, wenn der Chor größer wird.
Die schrillen Stimmen werden leiser, wenn der Chor größer wird
Facebook beispielweise fragt sogar danach. Unter "religiöse Ansichten" christlich-evangelisch einzutragen, kann jeder von uns tun. Das ist ein Datenteil, den ich Facebook gerne gebe. Wir alle sind Beispiele für die Gemeinschaft der Heiligen. Wenn wir freundlich auf Menschen zugehen und Christsein dabei ein Teil unserer Identität ist, prägen wir ein positives Bild von Kirche und Glauben. Meistens wird das wohlwollend angenommen. Wenn es stattdessen die Kirchengegner anlockt, dann kann das zwar nerven. Aber in solchen Diskussionen gibt genug Getaufte, die uns dabei zur Seite stehen – wenn sie sich zeigen.
Und es muss nicht bei Facebook bleiben. Wer Morgen- und Abendgebete spricht, kann das per Twitter mitteilen. Wer im Sonntagsgottesdienst war, kann das per Selfie auf Instagram dokumentieren. Wer regelmäßig YouTube-Videos dreht, kann sie mit Segensgrüßen beenden statt mit einem simplen "bis zum nächsten Mal". Fast jede Seite im Netz, auf der wir ein Profil einrichten können, bietet uns Platz zur Selbstbeschreibung. So kann sich das Bekenntnis zur eigenen Taufe an vielen Stellen in den Alltag einfügen.
Das Schöne daran: Dieses Bekenntnis ist kein ausschließendes. Es dient nicht dazu, sich selbst von anderen abzugrenzen, sondern sich anderen anzuschließen. Wir sind nicht nur mit Gottes Hilfe stark, sondern auch miteinander. Zeigen wir das mit Namen und Bekenntnis - zeigen wir, wofür wir stehen!
Eine erste Fassung dieses Textes ist 2014 zur damaligen Digital-Synode der EKD erschienen.