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TV-Tipp: "Nix Festes" (ZDF Neo)
27.2., ZDF Neo, 22.45 Uhr
Der Titel dieser vierteiligen Serie ist in seiner Schlichtheit fast schon brillant: "Nix Festes" bezieht sich nicht nur auf den Beziehungsstatus der Hauptfiguren sowie auf ihre berufliche Situation, er beschreibt auch die gesamte Haltung dieser vier Berliner "Millennials" um die dreißig, die keine Jugendlichen mehr, aber auch nicht so richtig im Leben der Erwachsenen angekommen sind.

Die beiden zentralen Figuren, Wiebke (Josefine Preuß) und Jonas (Sebastian Fräßdorf), waren mal ein Paar und sind als Autorenduo immer noch ein Team. Sie träumen vom Durchbruch mit einer witzigen TV-Serie über eine Handvoll Berliner um die dreißig, handeln sich aber ständig Absagen ein. Die erste Folge beginnt mit einem entsprechenden "Pitch": Der Redakteur will wissen, ob es unbedingt Berlin sein müsse, und regt an, die Geschichte mit Senioren zu erzählen; oder noch besser mit "farbigen Behinderten".

Das klingt zunächst wie eine Variante zu "Lerchenberg", jener amüsanten ZDF-Satire in eigener Sache, die auf witzige Weise das intrigante Treiben hinter den Kulissen eines Fernsehsenders auf die Schippe genommen hat. "Nix Festes", ebenfalls vom ZDF in Auftrag gegeben, ist aber in erster Linie eine Berlin-Serie. Die berufliche Ebene von Wiebke und Jonas spielt zwar schon deshalb eine regelmäßige Rolle, weil die beiden mangels Aufträgen quasi von der Hand in den Mund leben, aber es geht vor allem um das Lebensgefühl. Deshalb sind drei weitere Figuren ähnlich wichtig für die Geschichten: Wiebke und Jonas leben in verschiedenen Wohngemeinschaften im selben Mietshaus. WG-Partner von Jonas ist Basti (Tim Kalkhof), gelernter Koch und ähnlich unstet beschäftigt wie Jonas, aber in erster Linie schwul, weshalb sich seine wechselnden Bekanntschaften permanent die Klinke in die Hand geben. Wiebke wohnt mit Jenny (Marie Rathscheck) zusammen, die ihr berufliches Glück mit immer wieder neuen Geschäftsideen versucht; mal mit einem Start-up für vegane Hundeleckerli, mal mit einem YouTube-Entspannungskanal. Regelmäßiger Treffpunkt des Quartetts ist das Erdgeschoss-Café des zumindest den Jahren nach deutlich lebenserfahreneren und notorisch schlecht gelaunten Lennart, dessen Tipps dem Duo selten weiter helfen; so sind beispielsweise seine Vorschläge für lustige Mülltonnensprüche ("Gib’s mir schmutzig!") leider nicht jugendfrei. Dirk Martens ist dank seiner bösen Einzeiler der heimliche Star der Serie.

Neben den Figuren, die trotz gewisser Stereotype nicht klischeehaft wirken, sind ohnehin die Dialoge das Beste an "Nix Festes". Genüsslich nehmen die beiden Autoren Markus Barth und Lars Albaum alles aufs Korn, was für die von Hartz IV bedrohten jungen Berliner vermeintlich hip oder größter Albtraum ist (ein Umzug nach Brandenburg); selbst Scherze über Drittgeschlechter sind erlaubt. Natürlich soll Josefine Preuß als mit Abstand prominenteste Mitwirkende für Einschaltimpulse gerade auch bei einem jüngeren Publikum sorgen, zumal ZDF-Ableger Neo die arbeitende Bevölkerung um diese Uhrzeit (22.45 Uhr) ohnehin nur schwer erreichen wird; trotzdem funktioniert die Serie vor allem als Ensembleleistung, denn das praktisch unbekannte Trio Sebastian Fräßdorf, Tim Kalkhof und Marie Rathscheck ist nicht minder sehenswert. Regie führte Christoph Schnee, für heitere Serien wie "Berlin, Berlin", "Alles Atze" und "Nikola" mehrfach mit dem Deutschen Comedypreis und dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Er hat zuletzt zwei Episoden aus der ARD-Freitagsfilmreihe "Die Eifelpraxis" inszeniert und danach möglicherweise nicht umgeschaltet; für eine vermeintliche Sitcom ist das Tempo von "Nix Festes" jedenfalls recht überschaubar. Die Bezeichnung ist aber ohnehin ein Etikettenschwindel. Klassische amerikanische Sitcoms wurden vor Publikum im Studio aufgezeichnet; später beschränkten sich die Produzenten auf Lacher vom Band. Hierzulande gilt alles als Sitcom, was seriell und lustig und mit einer Länge von 25 Minuten deutlich kürzer als handelsübliche Serienfolgen (45 Minuten) ist. Dass die Neo-Serie an die große Tradition erfolgreicher deutscher Comedy-Serien anknüpft, lässt sich indes mit einem Namen verbinden: Grimme-Preisträgerin Christiane Ruff, Geschäftsführerin der Produktionsfirma ITV Studios Germany, hat von "Nikola" (mit Mariele Millowitsch und Walter Sittler) über "Ritas Welt" (mit Gaby Köster) bis zu "Mein Leben und Ich" (mit Wolke Hegenbarth) hierzulande praktisch alle modernen Klassiker des Genres produziert.