Tatsächlich ist "Der Bankraub" im Vergleich zu den ersten Beiträgen der Reihe "Harter Brocken", deren Humor teilweise tiefschwarze Züge trug, ein beinahe ganz gewöhnlicher TV-Krimi. Das Drehbuch stammt zwar erneut vom mehrfachen Grimme-Preisträger Holger Karsten Schmidt ("Mörder auf Amrum"), aber der Film ist längst nicht mehr so grimmig und spannend wie die beiden anderen; und leider auch nicht so anspielungsreich. Andererseits ist ein durchschnittlicher Schmidt-Thriller in der Regel immer noch überdurchschnittlich unterhaltsam, zumal Hauptdarsteller Aljoscha Stadelmann in seiner Rolle des unterschätzten Harzer Dorfpolizisten Frank Koops erneut großen Spaß macht.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
"Der Bankraub" ist in gewisser Weise die Fortsetzung des 2015 ausgestrahlten Auftaktfilms. Damals hatte sich eine vermeintliche LKA-Kollegin (Julia Koschitz), die Koops vorübergehend um ihren hübschen Finger gewickelt hat, als Drahtzieherin eines Banküberfalls entpuppt. Der neue Film spielt vier Jahre später und beginnt mit ihrer Haftentlassung. Weil Simone Schmidt mit dem Dorfsheriff und seinem Heimatort St. Andreasberg noch eine Rechnung offen hat, soll Koops ihr dabei helfen, die örtliche Bank auszurauben. Im Grunde verwaltet das Geldinstitut bloß die Ersparnisse der Einwohner, aber es dient auch als Treffpunkt zweier Geldtransporter, die die Einnahmen sämtlicher Betriebe im Harz in Sicherheit bringen; und das sind immer 2 Millionen Euro. Damit Koops kooperiert, hat Schmidts Kumpan Björn (Jan Krauter) die Kollegin Mette Vogt (Anna Fischer) vom Polizeiposten im Nachbardorf entführt. Koops soll den Bankraub gemeinsam mit einem weiteren Komplizen (Michael Rotschopf als hartgesottener Gangster) durchführen; und natürlich ist klar, dass er den Überfall nicht überleben wird.
Da Schmidt den Polizisten bereits in Aktion erlebt hat, fällt ein Reizpunkt der anderen Filme zwangsläufig weg: Die Gangster haben den gemütlichen Koops stets sträflich unterschätzt. Schmidt hat diesmal ein anderes belebendes Element gefunden, dem die Geschichte ihren Humor verdankt: Beide Parteien versuchen, sich mit raffinierten Plänen auszutricksen, aber ständig kommt irgendwas dazwischen. Das beginnt schon mit der Suche Björns nach einem vermeintlich leerstehenden Ferienhaus, in dem er Mette verstecken will, auch wenn Schmidt dafür eins der ältesten Missgeschicke der Filmgeschichte bemüht: Dank einer fehlenden Schraube ist aus einer 6 eine 9 geworden. Weil Koops, dessen Pläne ebenfalls nicht immer aufgehen, in seinen Möglichkeiten sehr eingeschränkt ist, wird nun sein Freund Heiner zum eigentlichen Helden. Schmidt hat die Rolle schon im letzten Film ("Die Kronzeugin") deutlich ausgebaut. Moritz Führmann hat sichtlich Spaß daran, den braven Postboten wie einen Action-Star zu verkörpern, zumal er im Unterhemd à la John McClane aus "Stirb langsam" gar keine schlechte Figur macht. Heiner ist außerdem gleich doppelt motiviert, denn er liebt Mette, weshalb die Handlungsebene mit den drei Freunden aus St. Andreasberg wie eine romantische Komödie beginnt. Für die dunkle Seite des für die Reihe typischen Humors sorgt der etwas unterbelichtete Björn, der sich mit diversen Feriengästen rumplagen muss; dabei kommt es zu Vorfällen, die für die Urlauber nicht immer angenehm sind. Sehr hübsch sind auch verschiedene Details, etwa der tropfende Wasserhahn, der Björn in den Wahnsinn treibt, oder Koops’ Erläuterungen seines Überfallplans mit Hilfe von Zigaretten.
Andere Kleinigkeiten sind untrügliche Indizien dafür, dass ein gewisser Qualitätsabfall im Vergleich zu den ersten Episoden auch mit der Regie zu tun haben könnte. Andreas Senn ist nach Stephan Wagner und Florian Baxmeyer bereits der dritte Regisseur der Reihe und sorgt schon zu Beginn mit überflüssigen Nahaufnahmen (etwa vom Ortsschild oder von der geballten Faust eines weiblichen Häftlings) für einen gewissen Mangel an Eleganz, der für Schmidt-Filme ganz untypisch ist. Dass sich der Fauxpas mit der Hausverwechslung bereits in dem Moment andeutet, als die Hausnummer zum ersten Mal zu sehen ist, ist gleichfalls Sache der Regie. Und die Kameraperspektive aus dem leeren Kühlschrank heraus, in dem Björn nach etwas Essbarem sucht, ist mittlerweile ziemlich abgenutzt. Ungleich gelungener ist Koops’ erste Begegnung mit Simones vierschrötigem Komplizen; hier gelingt es Senn auf verblüffende Weise, den schlichten Vorgang des Händewaschens als Duell zu inszenieren. Und weil das Böse auch bei Schmidt immer wieder noch mal aufsteht, könnte Simone noch ein weiteres Comeback erleben.