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TV-Tipp: "Rübezahls Schatz" / "Der Zauberlehrling" (ZDF)
24.12., ZDF, 15.00 Uhr / 16.30 Uhr: "Rübezahls Schatz" / "Der Zauberlehrling"
Anders als die Märchenreihe der ARD und auch die meisten ZDF-Märchen basiert "Rübezahls Schatz" nicht auf einer konkreten Vorlage, sondern auf vielen Mythen und Legenden, die sich um den gern als launisch beschriebenen Berggeist ranken. Hauptfigur der Geschichte (Buch: Bettina Janis, Angelika Schwarzhuber) ist ohnehin nicht der Hüter des schlesischen Riesengebirges, sondern eine junge Magd.

Rosa (Henriette Confurius) gehört zum Gesinde einer wenig sympathischen Baronin (Catherine Flemming) und wartet auf die Rückkehr des angehenden Schusters Erik (David Schütter), den sie zu ehelichen gedenkt. Ihre arme alte Mutter (Gisela Schweighöfer) hält ihn allerdings für einen dem Glücksspiel verfallenen Tunichtgut, und in der Tat verliert Erik, der für seinen Meister Schuhe verkauft hat, beim Kegeln mit einem vornehmen Fremden nicht nur sein eigenes Erspartes, sondern auch die Einnahmen seines Chefs. Damit ist der Plan von Rübezahl (Sabin Tambrea) aufgegangen: Er hat sich in Rosa verliebt und in der Gestalt des Edelmanns dafür gesorgt, dass sich Erik viel zu sehr schämt, um Rosa unter die Augen zu treten. Die schöne Magd ist den Avancen des mysteriösen Mannes, der sich ihr als Jäger Montanus vorstellt, nicht abgeneigt, was auch ihre Herrin freut: Als die Baronin von dem unermesslichen Reichtum hört, den der Berggeist hütet, soll Rosa ihr dabei helfen, den Schatz zu stehlen; andernfalls werde sie die kranke Mutter wegen Holzdiebstahls in den Kerker werfen.

Regisseur Stefan Bühling hat auch den gut gespielten und kunstvoll fotografierten Märchenfilm "Die weiße Schlange" inszeniert (Weihnachten 2015 im ZDF). Dass "Rübezahls Schatz" nicht ganz an dessen Qualität heranreicht, liegt nicht zuletzt an der überschaubaren Geschichte; die ARD weiß schon, warum die Beiträge ihrer Reihe "Sechs auf einen Streich" nur sechzig Minuten dauern. Die Kegelszene ist viel zu lang, auch die unvermeidliche Tanzsequenz hält die Handlung eher auf, als sie voranzutreiben. Dass der Film dennoch sehenswert ist, ist den beiden Hauptdarstellern zu verdanken. Sabin Tambrea kostet die verschiedenen Rollen des verliebten Waldgeistes, der in seinem Zorn den Himmel verdunkeln lassen kann, weidlich aus. Mit Henriette Confurius hat er zudem eine Partnerin, die endlich auch mal so schön ist, wie in Filmen dieser Art stets behauptet wird. Sie ist gerade mal Mitte zwanzig, hat aber schon eine imposante Filmografie vorzuweisen und sich spätestens mit der Hauptrolle in dem demnächst fortgesetzten ZDF-Dreiteiler "Tannbach" (2015) unter den wichtigsten jungen Schauspielerinnen etabliert, zumal sie mit den Jahren nicht nur an darstellerischer Reife, sondern auch an Ausstrahlung gewonnen hat. Catherine Flemming schließlich ist ohnehin immer dann am besten, wenn sie fiese Frauen spielen darf; selbstredend entgeht die Baronin am Ende ihrer gerechten Strafe nicht.

Ansonsten orientiert sich "Rübezahls Schatz" mit seinen erdigen Farben an der gewohnten Ästhetik der ZDF-Märchen, die konsequent auf die unbeschwerte und buchstäblich sonnige Fröhlichkeit vieler ARD-Adaptionen verzichten; eine Slapstickszene, als die Baronin bei ihrem Geburtstagspicknick den Waldgeist provoziert und Rübezahl sich mit einem Unwetter revanchiert, wirkt prompt etwas deplatziert, zumal einige der Nebendarsteller fröhlich chargieren. Der Film weist ohnehin gelegentliche handwerkliche Schwächen auf; dass sich Schauspieler gegenseitig im Licht stehen, darf bei einem derart ambitionierten Werk eigentlich nicht vorkommen. Davon abgesehen hat Kameramann Ngo The Chau gerade dank der farbenfrohen Waldaufnahmen und der Felslandschaft, in der der Schatz versteckt ist, für viele faszinierend schöne Bilder gesorgt. Deutlich sparsamer sind dagegen die visuellen Effekte ausgefallen. Als Rübezahl mit Rosa auf seinem Ross durch die Lüfte galoppiert, sind nur die Gesichter der beiden zu sehen; die Märchenproduktionen im "Zweiten" haben nun mal einen anderen Etat als die Montagsfilme.

Das gilt zwar auch für den zweiten Märchenfilm des Nachmittags, doch "Der Zauberlehrling" hat andere Stärken, zumal Anja Kömmerling und Thomas Brinx das Kunststück gelungen ist, aus den 14 Strophen der gleichnamigen Ballade einen neunzigminütigen Spielfilm zu machen. Tatsächlich hat sich das für seine vielen Märchenadaptionen bekannte Autorenduo durch Goethes Geschichte vom Zauberlehrling, der die Geister, die er rief, nicht mehr los wird, zu einer völlig neuen Handlung inspirieren lassen. Der Besen, dem der allzu ehrgeizige Titelheld vergeblich Einhalt gebietet, wirkt zwar auch mit, doch die Überschwemmung, die er verursacht, ist bloß eine Episode. Gegen Ende hat das Reisiggerät allerdings maßgeblichen Anteil an der Rettung des Jungen und seiner Mitstreiterin, denn der Film, eine seltene Koproduktion von MDR und ZDF, erzählt letztlich vom Kampf des Guten gegen das Böse: Vagabund Valentin (Max Schimmelpfennig) kommt in eine Stadt, die gerade von einer Rattenplage heimgesucht wird. Als er mitbekommt, dass der königliche Hofzauberer Ambrosius (Christoph Bach) einen Lehrling sucht, ist er Feuer und Flamme, zumal sich alsbald zeigt, dass er offenbar über Talent verfügt. Allerdings muss er sich gegen Mitbewerberin Katrina (Pauline Rénevier) durchsetzen, und weil ihn das Mädchen mit einem unfairen Trick ausbootet, landet er schließlich beim Apotheker Zacharias (Felix von Manteuffel). Der war Ambrosius’ Ausbilder und Vorgänger, bis er vor fünf Jahren in fataler Selbstüberschätzung einen schrecklichen Fehler begangen hat; die Statue der zu Stein gewordenen jungen Clara erinnert ihn regelmäßig an den Tag, an dem er der Zauberei gänzlich abgeschworen hat. Das ändert sich, als er gemeinsam mit Valentin rausfindet, dass Ambrosius nicht nur der Urheber der Rattenplage war, die er über Nacht beenden konnte, sondern auch weitaus finsterere Pläne hegt: Gemäß einer alten Prophezeiung will er seine Kräfte mit der weltlichen Macht der alleinstehenden Königin (Sandra Borgmann) vereinen und nicht weniger als die Weltherrschaft anstreben. Der Zauberer im Ruhestand, sein Gehilfe und Katrina, in die sich Valentin längst verliebt hat, sind die einzigen, die ihn stoppen können.

Germanisten werden vermutlich anmerken, dass es des Balladenklassikers für dieses Abenteuer nicht bedurft hätte. Trotzdem wäre der Vorwurf des Etikettenschwindels nicht angebracht, und das nicht allein, weil der Zwischenfall mit dem Besen perfekt in die Handlung passt, illustriert er doch, welchen Schaden Zauberkräfte in den falschen Händen anrichten können; gut möglich, dass Valentin als Schüler von Ambrosius ein Meister der dunklen Mächte geworden wäre. Diese Harry-Potter-Ebene dient jedoch nur als Hintergrund; im Vordergrund stehen die Bemühungen, Ambrosius das finstere Handwerk zu legen. Dafür müssen Valentin und Katrina, die sich als Claras Schwester entpuppt, durch ein verwunschenes Tor in eine jenseitige Welt reisen, um die "Hüterin" (Dennenesch Zoudé) um Beistand zu bitten. Dank Valentins Liebesgeständnis bekommen sie zwar eine Zauberblume, mit der sie Ambrosius trotzen könnten, doch der Schurke überlistet sie, stiehlt die Blume und bricht mit ihr den Schutzzauber, den Zacharias über die Königin gelegt hat; nun scheint ihn nichts mehr aufhalten zu können.

Kunstvoll düsteres Licht

Frank Stoye, der neben diversen "Schloss Einstein"-Folgen auch das sehenswerte ARD-Märchen "Nussknacker und Mausekönig" gedreht hat, bettet den Film gemeinsam mit Kameramann Bernd Fischer in ein für die ZDF-Märchenfilme typisches kunstvoll düsteres Licht. Gerade die Welt des schwarzgekleideten Ambrosius ist tendenziell finster, erst recht am Schluss, als er endlich Macht über die Königin erlangt; da verlieren die Bilder schlagartig jede Farbe. Ausstattung und Kostümbild sind wie stets aufwändig und sorgfältig. Die visuellen Effekte sind überschaubar, aber effizient eingesetzt, allen voran die Träne, die aus dem Auge der steinernen Clara rollt; aber natürlich auch der Besen, der erst seinen Schabernack mit Valentin treibt und dann die Apotheke unter Wasser setzt. Viel wichtiger sind jedoch die Schauspieler. "Duell der Magier" wäre im Grunde ein treffenderer Titel als "Der Zauberlehrling", denn letztlich macht das darstellerische  Kräftemessen zwischen Christoph Bach und Felix von Manteuffel den Reiz des Films aus; die beiden jungen Darsteller können da nicht nur in puncto Ausstrahlung zwangsläufig nicht mithalten. Umso bedauerlicher, dass die beiden Magier kaum Gelegenheit zum direkten Zweikampf bekommen: Als sie endlich aufeinander treffen, ist die Auseinandersetzung ruckzuck vorbei. Dafür schlägt nun Valentins große Stunde, zumal der Junge gerade noch rechtzeitig gelernt hat, dass aus großer Kraft stets auch große Verantwortung erwächst.