Trauerrede
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Der alte Pfarrerspruch "Man darf über alles reden, aber nicht über 20 Minuten" gilt auch bei der Trauerfeier.
Die Kunst des Abschieds - Neun Tipps für Ihre Trauerrede
Wie spreche ich auf einer Trauerfeier?
Viele scheuen den Umgang mit trauernden Menschen: Sie haben Angst, etwas Unpassendes zu sagen oder taktlos zu wirken. Wer außer dem Pfarrer bei einer Trauerfeier oder einer Beerdigung zu Hinterbliebenen sprechen soll – etwa in Form eines Grußwortes oder einer ganzen Ansprache – hat oft dieselben Befürchtungen. Doch eine Trauerrede ist gar nicht so schwer, wenn man bestimmte Regeln beachtet.

Eins vorweg: Die meisten Menschen sind dankbar, wenn jemand in einem solch schweren Moment wie dem des endgültigen Abschieds die richtigen Worte findet. Wenn Sie ein Grußwort halten wollen und nicht die gesamte Trauerfeier gestalten, sollten Sie das immer mit dem Bestatter, dem Pfarrer oder dem Trauerredner absprechen, am besten einige Tage im Voraus. Für Spontanität ist eine Trauerfeier der falsche Ort, Planung ist hier alles.

1. Drücken Sie nicht auf die Tränendrüse.

Die Situation in der Trauerhalle oder auf dem Friedhof ist schon traurig genug. Mein Tipp: erzählen Sie nichts von Krankheit oder Unfall oder sonstigem in dieser Richtung. Schildern Sie die aktive Lebenszeit des Verstorbenen, beginnen Sie in der Jugend, erzählen Sie von den schönen Zeiten, den Urlauben, den Geburten in der Familie, der beruflichen Laufbahn, den Hobbys. Auch in schwierigen Fällen gilt: Es gibt wohl niemanden, der nicht auch gute Zeiten erlebt hat. Stellen Sie das Positive in den Vordergrund. Man sollte die Biografie so anschaulich erzählen, dass auch Fernstehende sich ein Bild von der oder dem Verstorbenen machen können. Schön ist, wenn Familienangehörige erstaunt sagen: Das habe ich von ihm/ihr ja gar nicht gewusst.

2. Es darf auch gelacht werden.

Vermeiden Sie gespieltes Pathos. Suchen Sie nach schönen Anekdoten. Sorgen Sie für Überraschungen. Etwa, wenn die liebe Tante, die immer so auf Anstand und Etikette pochte, früher als Kind extrem frech war und nachts über den Zaun ins Schwimmbad kletterte. Oder wenn der immer so gewissenhaft und ernst wirkende Onkel als Kind einmal das neue Auto seines Vaters gegen die Mauer fuhr. Suchen Sie nach solchen Momenten, fragen Sie bei ihren Verwandten herum, wenn Sie für die eigene Familie sprechen. Man sollte allerdings nicht verkrampft nach Lachern suchen, wenn es nicht angebracht ist. Das wirkt dann eher peinlich.

3. Von Macken erzählen, Abgründe ruhen lassen.

Das antike Sprichwort "Von Verstorbenen soll man nur Gutes sagen" ist auch für eine Traueransprache eine gute Richtschnur. Aber: Übertreiben Sie es damit nicht. Wir sind alle keine Heiligen. Das heißt natürlich nicht, dass man einen Menschen im Nachhinein verurteilen soll. Die Trauerhalle ist kein Gerichtssaal. Wenn es in der Biografie wirklich Abgründe gab, soll man diese in diesem Moment ruhen lassen. Die meisten Angehörigen und Trauergäste wissen ohnehin davon. Mir geht es vielmehr um Macken, Schrullen und Ticks. Diese machen ja eine Person erst menschlich, etwa wenn jemand immer pünktlich um eins auf sein warmes Mittagessen Wert legte, und wehe eines der Kinder kam zu spät. Dann darf man gerne solche Anekdoten erzählen, vielleicht mit dem Zusatz: "…. wie Sie mir mit einem Augenzwinkern erzählten".

4. Die Trauerfeier als Ort des gegenseitigen Verzeihens.

Aber auch schwerwiegende Dinge dürfen zur Sprache kommen. Wenn die heute erwachsenen Kinder unter der Strenge des Vaters - oder der Mutter - wirklich gelitten haben und bis zum Schluss keine Aussprache stattfand, darf man auch das vorsichtig ansprechen. Etwa: "Ordnung und Disziplin waren ihm sehr wichtig, auf diese Tugenden baute er seine Karriere auf. Aber zuhause war es für Sie oft nicht einfach, wenn er diese Prinzipien auch bei Ihnen kompromisslos einforderte." Man sollte solche Dinge einordnen. Um bei diesem Beispiel zu bleiben: Gerade die Kriegsgeneration wusste es oftmals nicht besser. Viele gaben mit den besten Absichten weiter, was sie an sich selbst erfahren haben. Die Abschiedsfeier kann daher auch der Ort für ein gegenseitiges Verzeihen sein. Die kirchliche Beerdigung kennt dafür die Fürbitte. Aber auch in einer weltlichen Trauerfeier kann man einen Moment einbauen, etwa als Einleitung einer Stille-Minute oder vor einem ruhigen Musikstück, in dem man stellvertretend für die Anwesenden spricht. Etwa: "Für alles, worüber wir zu Lebzeiten nicht sprechen konnten, verzeihen wir ihm/ihr. Zugleich bitten wir ihn/sie in der Stille, auch uns zu verzeihen."

Ein sehr persönlich gehaltener Brief der Enkelin an ihren Lieblings-Opa

5. Wie hält man es mit der Religion?

Das ist manchmal schwierig. Sollte der Verstorbene zu Lebzeiten ein erklärter Gegner von Religion und Kirche gewesen sein, sollte man auch in der Feier darauf Rücksicht nehmen und diese rein weltlich gestalten. Oft wünschen sich viele Familienmitglieder aber trotz einer weltlichen Feier zumindest ein "Vaterunser" oder ein Gedicht mit religiösen Elementen am Grab. Hier muss man abwägen, dafür gibt es kein Patentrezept. Auf keinen Fall sollte man den Angehörigen etwas aufzwingen, womit sie sich unwohl fühlen.

6. Welche Form hat eine Abschiedsrede?

Man kann eine Abschiedsrede in Form einer biografischen Abfolge gestalten, sozusagen als Lebenserkundung. Oder man schreibt direkt an den Verstorbenen. Das kann zum Beispiel ein sehr persönlich gehaltener Brief der Enkelin an ihren Lieblings-Opa sein. Allerdings sollte man sich hier gut prüfen, ob man der Situation in der Trauerfeier emotional gewachsen ist. Aber auch wenn die Stimme nach den ersten Sätzen versagt: Das wird jeder verstehen.

7. Dauer der Trauerrede.

Der alte Pfarrerspruch "Man darf über alles reden, aber nicht über 20 Minuten", gilt auch bei der Trauerfeier. Allerdings wären hier maximal eine Viertelstunde genug, zehn Minuten sind besser. Bedenken Sie, es wird auch noch Musik gespielt und weitere Texte, etwa Gedichte, werden vorgetragen. Man sollte seine Zuhörer nicht langweilen.

8. Reaktionen auf ihre Traueransprache.

Die Trauerfeier ist ein ganz besonderer Ort. Erwarten Sie keinen Applaus für Ihre Rede. Im Gegenteil, die meisten Menschen werden Sie eher gedrückt oder mit finsterer Miene anschauen. Die einen, weil Sie wirklich in einer niedergeschlagenen Stimmung sind, meist nahe Angehörige. Andere denken, man müsse in einer Trauerfeier so dreinschauen. Lassen Sie sich dadurch nicht verunsichern. In einem Trauergottesdienst oder einer säkularen Trauerfeier können wir nur schwer erspüren, was in Menschen wirklich vorgeht, die einen Todesfall zu beklagen haben. Abhilfe schafft hier der Augenkontakt mit drei oder vier interessierten Zuhörern, die Ihnen auch von der Mimik her gewogen sind.

9. Das Wichtigste überhaupt.

Seien Sie einfach Sie selbst, verstellen Sie sich nicht, kein übertriebenes feierliches oder pastorales Gehabe. Reden Sie nur, wenn Sie es wirklich wollen, ansonsten überlassen Sie das den Profis, vor allem bei sehr schwierigen Abschieden. Sammeln Sie sich kurz vor der Rede, fokussieren Sie sich, suchen Sie beim Stehen ihre Mitte. Sprechen sie langsam - so langsam, dass es Ihnen selbst unnatürlich erscheint. Setzen Sie Betonungen und leiern sie den Text nicht herunter. Blicken Sie ihr Publikum an, suchen Sie Resonanz mit der Trauergemeinde. Mit ihrer Rede drücken Sie gegenüber den betroffenen Menschen bereits ihre Anteilnahme und Mitgefühl aus. Wenn Sie noch dazu aus ihrem Herzen sprechen, dann können Sie nichts falsch machen.

Dieser Text erschien bereits im November 2017 auf evangelisch.de