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TV-Tipp: "Mein Land, Dein Land" (ZDF)
2.9., ZDF, 17.35 Uhr: "Mein Land, Dein Land"
Es riecht nach Heimat und ist doch in Berlin; die Sonnenallee im Bezirk Neukölln ist zur "Schara Al Arab", zur arabischen Straße, geworden. Viele Migranten finden hier ihren ersten Anlaufpunkt. Friseursalons reihen sich an Geschäfte mit orientalischen Backwaren und Schaufenstern mit üppig verzierten Hochzeitsgewändern. Arabische Satzmelodien mischen sich mit dem Lärm der dicht befahrenen Straße, ein Gewirr aus lauten Stimmen, Hupen und Polizeisirenen.

Enrico Demurray stellt in seiner Reportage einige der Menschen vor, die hier leben und arbeiten. Konditor Imat zum Beispiel ist vor zwanzig vor dem Bürgerkrieg im Libanon nach Deutschland geflüchtet. In seiner arabischen Konditorei sieht es aus wie im Vorderen Orient, aber es gibt auch Obsttörtchen für die deutsche Kundschaft. Im Laden arbeitet die ganze Familie mit, Sohn, Schwiegersohn, Neffe, und auch zwei geflüchtete Syrer hat er in der Backstube beschäftigt.

Imat hilft gern, er weiß, wie schwer es ist, in einem Land anzukommen, ohne eine Ahnung von dessen Kultur zu haben. Die Zuckerbäckerei ist ein Anlaufpunkt für viele in der Sonnenallee. Für Flüchtlinge, die eine Wohnung suchen, für die Inhaberin des Brautkleiderladens, die sich Baklava zum Tee kauft, für syrische Familien, die schon lange hier leben und Heimatliches essen möchten.Auch der türkischstämmige Kommissar kommt – nach einigen Festnahmen von Drogendealern und dem sich anschließenden Papierkram - gelegentlich in die Konditorei. Er kann nur die kleinen Dealer auf den Straßen rund um die Sonnenallee festnehmen, an die Hintermänner kommt man schlecht ran. Viel zu oft werden sie schon bald wieder freigelassen.

Die Neuköllner Bürgermeisterin Franziska Giffey fordert mehr Polizei und Ordnungskräfte rund um die Sonnenallee. Eigentlich, sagt sie, müsste die Polizei rund um die Uhr Präsenz zeigen. Aber dafür fehlen die Mittel. Trotzdem ist sie stolz auf die Sonnenallee. Viele Geschäfte arabischer Einzelhändler florieren. Manche wurden erst vor kurzem von syrischen Geflüchteten eröffnet. Sie arbeiten hart und zeigen, dass man dem deutschen Staat nicht auf der Tasche liegen muss. Sie strengen sich an, die deutsche Sprache zu lernen und schicken ihre Kinder in die Schule. So könnte Integration gelingen.Aber nicht alle Anwohner der Sonnenallee sind da so optimistisch. Vor einigen Jahren hat Stadtführerin Johanna den Kiez noch als multikulturellen Schmelztiegel angepriesen. Nun warnt sie vor naiver Beschönigung der Situation. Die Ausbreitung der muslimischen Kultur vor ihrer Haustür würde das gefährden, was die Frauenbewegung mühsam erkämpft habe; der Geist der Freiheit und des Selbstbestimmungsrechts würde von einer selbstherrlichen Machokultur verdrängt.Der Film führt in das Innenleben einer Straße, die zu den interessantesten Orten Deutschlands gehört. Denn hier zeigt sich, ob Integration gelingen kann.