Die Themen ihrer ersten Bischofspredigt wurden auch bestimmend für ihre Amtszeit. Jepsen erinnerte an die Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen wenige Tage zuvor, den Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien und die Hungerkatastrophe in Somalia. Maßstab der Kirche müssten die Menschen am Rand sein.
Die Männer müssten jetzt nicht "erschrecken ob einer Bischöfin", sagte Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) launig beim anschließendem Empfang im Rathaus. Manch einer könnte sich vielleicht "durch weibliche Spiritualität erlösen lassen". Er bedauere es, witzelte der katholische Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, dass er mit Vornamen nicht "Josef" heiße. Das würde zu Maria gut passen. Gute Beziehungen zum Erzbistum waren denn auch prägend für Jepsens Amtszeit.
Vier Monate zuvor, am 4. April 1992, war sie zur Bischöfin gewählt worden. Bereits im ersten Wahlgang erhielt sie im Michel 78 von 137 Stimmen. 44 erhielt ihr Gegenkandidat Michel-Hauptpastor Helge Adolphsen.
Eine liberale, feministische Theologin als Bischöfin
Dass die erste Bischöfin in der Nordelbischen Kirche gewählt wurde, war keine große Überraschung. Mit Schleswig, Lübeck und Hamburg standen gleich drei Bischofssitze zur Verfügung. Den ersten Versuch unternahm die Kieler Pastorin Rut Rohrandt Ende 1990 in Schleswig, verlor aber gegen den späteren Bischof Hans Christian Knuth. Im Sommer 1991 kandidierte Oberkirchenrätin Käthe Mahn (Hannover) in Lübeck vergeblich gegen Karl Ludwig Kohlwage. Im dritten Anlauf wurde die Männerbastion dann gebrochen.
Die Wahl einer liberalen, feministischen Theologin rief auch den Protest kirchenkonservativer Gruppen hervor. Der Tübinger Theologieprofessor Peter Beyerhaus erklärte ihre Wahl zur "schwersten geistlichen Katastrophe".
Im April 2002 wurde sie für eine zweite zehnjährige Amtszeit wiedergewählt. Doch am 16. Juli 2010 erklärte die damals 65-Jährige ihren Rücktritt. Anfang des Jahres 2010 waren Fälle sexuellen Missbrauchs durch einen Pastor in Ahrensburg bei Hamburg bekanntgeworden. Sie übernahm die kirchenpolitische Verantwortung, obwohl ihr kein Vergehen nachgewiesen werden konnte. Sie habe "Schaden abwenden" wollen von Kirche und Bischofsamt, sagte sie später.
Zwei Monate später verließ sie Hamburg und zog mit ihrem Ehemann Peter nach Husum. "Ich bummele immer noch Überstunden ab", sagt die heute 72-Jährige. Sie engagiert sich für die KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing, wo die Nazis ein KZ-Außenlager betrieben. Empfänge und Ehrenämter meidet sie. Stattdessen besucht sie Ausstellungen und Flohmärkte, unternimmt Spaziergänge und Radtouren. Regelmäßig übersetzt sie Texte aus dem Alten Testament: "Hebräisch ist voller Poesie und durchdringt das Leben bis in den profanen Alltag hinein."