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TV-Tipp: "Tatort: Virus" (ARD)
27.8., ARD, 20.15 Uhr: "Tatort: Virus"
Internationale Verwicklungen, der Kalte Krieg, Terrorismus, Bandenkriege mit Dutzenden Toten: Der "Tatort" aus Österreich packt immer wieder große Themen an. Das tun die deutschen Sonntagskrimis zwar ebenfalls, aber die Wiener machen meist richtig große Filme daraus.

Zwischendurch erfreuen sie dann auch mal mit einer eher kleineren Produktion, in denen sich die Handlung vor allem um das Mit- und Gegeneinander von Moritz Eisner und Bibi Fellner (Harald Krassnitzer, Adele Neuhauser) dreht; die beiden haben sich längst als eins der interessantesten "Tatort"-Teams etabliert, zumal ihr wunderbares Zusammenspiel auch die wenigen etwas schwächeren Geschichten noch sehenswert macht. Ähnlich wie den Münchenern gelingt es den Wienern zudem, die komödiantischen Elemente perfekt in den Krimi zu integrieren. Die Frotzeleien des Ermittlerduos sind höchst kurzweilig, aber nie wichtiger als der Fall; und irgendwann ist dann meist auch Schluss mit lustig. Diesmal ist das etwa in der Mitte des Films der Fall, als das Drehbuch seine Katze aus dem Sack lässt: Im Herzen Europas bricht ein tödliches Virus aus.

Autor Rupert Henning hat neben dem letzten "Tatort" aus Wien ("Schock") auch schon den nicht minder sehenswerten Eisner-Krimi "Grenzfall" (2015) geschrieben. Diesmal nimmt er einen etwas langen Anlauf, denn im Gegensatz zum Oberstleutnant und seiner Majorin weiß das Publikum dank des Titels, was auf die beiden zukommt. Das ist schade, denn auf diese Weise ist die Geschichte zumindest in der ersten Hälfte eines großen Teils ihrer möglichen Spannung beraubt, als in einem Steinbruch in der Steiermark die Leiche eines Schwarzafrikaners gefunden wird. Eigentlich hätte der Mann unter vielen Tonnen von Geröll begraben sein sollen, doch eine geplante Sprengung ist verschoben worden. Zunächst vermutet das Duo vom BKA, der Mann sei Drogenkurier gewesen, aber dann stellt sich raus, dass er Arzt war und zu einer internationalen Hilfsorganisation gehört hat; ebenso wie Albert Reuss (Andreas Kiendl), der ganz in der Nähe des Steinbruchs eine Unterkunft für afrikanische Flüchtlinge betreibt, die sich illegal im Land aufhalten. Während sich Eisner und Fellner noch fragen, warum einige der Flüchtlinge so auffällig nervös sind, schlägt die Rechtsmedizin Alarm: Der Tote war mit Ebola infiziert. Umgehend wird der Notstand ausgerufen; jeder, der Kontakt mit der Leiche hatte, könnte sich angesteckt haben. Das gilt vor allem für Bibi Fellner, die sich beim Kochen einen Schnitt zugefügt hat.

Schon die Geschichte ist für einen "Tatort" ungewöhnlich, zumal Buch und Regie (Barbara Eder) sehr authentisch und mit entsprechendem Aufwand an Menschen und Material schildern, was geschieht, wenn ein ganzer Ort unter Quarantäne gestellt wird. Trotz der entsprechend fesselnden Szenen knüpft der Film immer wieder an den Tonfall der ersten Hälfte an, als sich Eisner und Fellner wunderbare Wortgefechte liefern und Henning lauter wunderbare Beispiele für die österreichische Schmähkultur bietet. Für Freunde geschliffen formulierter Dialoge ist "Virus" ein Fest, zumal vor allem Fellner jedes Wort auf die Goldwaage legt. Mit Ausnahme der beiden Stars sind sämtliche Darsteller hierzulande kaum bekannt, aber gerade Markus Schleinzer als extrem genervter Vertreter des Gesundheitsamts und Günter Franzmeier als Rechtsmediziner haben Hennings Dialogkunst als Geschenk begriffen. Selbst wenn der Rest ein Krimi von der Stange wäre: Allein die Szenen, in denen sich die beiden Männer unabhängig voneinander Eisner zur Brust nehmen, würden "Virus" zu einem sehenswerten Film machen. Aber auch Krassnitzer und Neuhauser sind in Topform und sorgen mit ihrer Schauspielkunst für eine angemessene Veredelung von Hennings Einfällen; eingeführt wird das BKA-Duo bei einem Belastungstest, den es als Mischung aus griechisch-römischem Ringstil und Kamasutra interpretiert. Abgerundet wird die Qualität von Eders Inszenierung durch eine sichtbar sorgfältige Bildgestaltung und die vorzügliche Musik.