Im Iran habe er sich immer unter Druck gefühlt, Angst gehabt. In dem Land, das sich als Islamische Republik bezeichnet, sei seine muslimische Religion für ihn Zwang und Unterdrückung gewesen, sagt der Automechaniker Said. Schon seine Eltern hätten ihn wie einen Hund behandelt, weil er sich nicht den strengen Vorschriften unterwerfen wollte. "Du bist nicht unser Kind. Du bist Heide", hätten sie gesagt, berichtet er am Sonntag in einem Gemeindesaal im niedersächsischen Ramelsloh dem hannoverschen Landesbischof Ralf Meister. "Ich habe Religionen gehasst."
In Ramelsloh hat sich Said jetzt christlich taufen lassen. Meister will von ihm und sechs weiteren getauften Flüchtlingen aus dem Iran und Afghanistan wissen, warum sie Christen geworden sind. In die Diskussion, ob die evangelische Kirche leichtfertig mit der Taufe umgeht und die christliche Taufe von Flüchtlingen für ihr Bleiberecht missbraucht wird, hatte der evangelische Bischof zuletzt immer wieder vor Pauschalurteilen gewarnt. Gemeinden prüften das Taufbegehren in der Regel sorgfältig.
Auf der Suche nach Freiheit
Ramelsloh sei dafür ein positives Beispiel, unterstreicht Meister in einem Festgottesdienst der Kirchengemeinde bei Hamburg. "Sie als Gemeinde glauben daran, dass Menschen nicht nur in unseren Dörfern, sondern auch in unserem Glauben eine neue Heimat finden können."
Der Ramelsloher Gemeindepastor Hans-Georg Wieberneit betont, der Wunsch, getauft zu werden, sei von den Flüchtlingen ausgegangen. Vor der Taufe seien die Männer in mehrwöchigen Kursen vorbereitet worden. Paten begleiten sie auch weiterhin. Er habe auch deutlich gemacht: "Die Taufe ist keine Garantie dafür, dass sie nicht wieder in ihre Heimatländer zurückgeführt werden."
Nach Wieberneits Einschätzung suchen die getauften Flüchtlinge aus dem Iran und aus Afghanistan vor allem Freiheit und religiöse Gemeinschaft. "Syrer und Iraker haben andere religiöse Erfahrungen gemacht", sagt Wieberneit, dessen Gemeinde sich in der Flüchtlingsarbeit engagiert. "Die sind fröhlich Muslime."
Der Iraner Said spricht von der Strenge, die der Islam für ihn bedeutet habe. Als Christ erfahre er jetzt Ruhe. "Ich hatte keinen Vater, jetzt habe ich zwei: Gott und meinen Paten."
Der 25-jährige Ali aus dem Iran übersetzt ins Deutsche, was die Männer im Alter von 20 bis 50 Jahren sagen. Ali kam vor knapp zwei Jahren nach Deutschland. Er war schon Christ, bevor er geflohen ist, erzählt er. Als 16-Jähriger habe er sich in Teheran mit armenischen Christen angefreundet. Er wollte mehr über ihre Religion wissen. Doch die Freunde hätten ihn gewarnt. "Das ist sehr, sehr gefährlich."
Getaufte Flüchtlinge als Bereicherung für Christen in Deutschland
Ali reiste in die Türkei, um einen christlichen Gottesdienst zu besuchen. Dort ließ er sich später auch taufen, erzählt er. Fotos von der Taufe hütete er nach seiner Rückkehr in den Iran auf dem Handy, das er versteckt hielt. Als es während seines Militärdienstes doch entdeckt wurde, ergriff er die Flucht. "Es ist eine lange Geschichte."
Meister hört in dem Gespräch vor allem zu. "Das wäre mein großer Wunsch, dass ihr dieses starke Gefühl der Freiheit und Gemeinschaft behaltet", sagt er zum Abschied. Die getauften Flüchtlinge könnten auch eine Bereicherung für die evangelischen Kirchengemeinden in Deutschland sein. "In 20 Jahren singen wir hier vielleicht ein Lied, das einer von euch gedichtet hat, mit euren Erfahrungen."