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TV-Tipp: "Eltern und andere Wahrheiten" (ARD)
2.6., ARD, 20.15 Uhr: "Eltern und andere Wahrheiten"
In der Regel können Filme nichts für ihre Titel; gerade die Freitagskomödien im "Ersten" sind fast immer deutlich besser als der Ruf, der ihnen auf diese Weise vorauseilt. "Eltern und andere Wahrheiten" trifft immerhin den Kern der Geschichte, die wie allzu viele andere derzeit auf dem Tiefpunkt beginnt und dann in langer Rückblende zeigt, wie es dazu kommen konnte.

Katja Kittendorf (Buch) und Maria von Heland (Buch und Regie) erzählen von dem Ehepaar Nina und Torsten (Silke Bodenbender, Tom Wlaschiha), das mit einer sehr aktuellen Herausforderung konfrontiert wird: Weil beide beruflich extrem eingespannt sind, bricht prompt das Chaos aus, wenn der eng getaktete familiäre Zeitplan durcheinandergerät. Die beiden kleinen Kinder sind im Kita-Alter, als Architektin Nina halbtags in ihren Beruf zurückkehrt; Torsten ist Polizist und holt nach Feierabend das Abitur nach, um Jura studieren zu können. Weil Ninas Chef und Studienfreund Alex (Steven Scharf) Probleme mit just jenem Projekt hat, an dessen Planung Nina vor ihrer Mutterpause maßgeblich beteiligt war, kann von halbtags keine Rede sein.

Sie braucht dringend eine Tagesmutter, aber Torsten, von Beruf misstrauisch, wittert bei jeder Babysitterin kriminelle Instinkte. Als viel größeres Hindernis entpuppt sich jedoch die Repräsentantin des Unternehmensvorstands, der das Bürohochhaus in Auftrag gegeben hat: Karrierefrau Lene Müller zu Waldstetten (Nina Petri) hält überhaupt nichts von Geschlechtsgenossinnen, die versuchen, Kind und Karriere unter einen Hut zu bekommen, weil sie überzeugt ist, dass sie sich dem Beruf nicht mit voller Hingabe widmen können. Für beide Probleme findet Nina Lösungen, die sich aber nur durch Lügen aufrechterhalten lassen: Torsten darf nichts von "Miet-Oma" Irmgard (Petra Kelling) erfahren; und gegenüber der Bauherrin verleugnet sie ihre Familie. Als Lene überraschend abends vorbeischaut, gibt Nina den Gatten kurzerhand als ihren Bruder aus. Das ist der Anfang vom Ende, in dessen Verlauf Torsten mit der hübschen Mitschülerin Canan (Yasemin Cetinkaya) liebäugelt und Nina fast in den Armen von Alex landet; schließlich macht Torsten mit buchstäblich einem Schlag alles zunichte, was sich Nina mühsam aufgebaut hat.

Geschickt sorgt Maria von Heland dafür, dass "Eltern und andere Wahrheiten" seinen heiteren Tonfall so lange wie möglich beibehält; erst am Schluss lässt sich nicht mehr kaschieren, dass sich die Idylle in ein Drama verwandelt hat. Dafür sorgt nicht zuletzt die Bildgestaltung (Roman Osin): Anfangs verbreitet der Film eine rundum freundliche Wohlfühlatmosphäre, weil die Bilder ein fast überirdisch schönes goldenes Licht verströmen. Die Ausstattung gerade im Haus der Familie ist betont farbenfroh, der Film strahlt eine ansteckende Lebensfreude aus. Ausgerechnet das elterliche Schlafzimmer wirkt dagegen eher trist, und nach und nach greift diese Düsternis auch auf den Rest des zunächst überschäumend fröhlichen Familienlebens über. Natürlich sind sowohl die Geschichte wie auch die Figuren leicht überzeichnet. Die Miet-Oma ist eine Seele von Mensch, und als sie nicht mehr kommt, weil sich Nina ihre Hilfe nicht leisten kann, verkommt die Wohnung zum Saustall; die Kinder verwahrlosen vor dem Fernseher. Die Regisseurin hat die beiden kleinen Darsteller, Iva Ljuba Simic und Ben Stiehler, formidabel geführt; gerade in diesem Alter ist die Arbeit mit Kindern immer auch Glücksache.

Die einzige Ungerechtigkeit leistet sich der Film im Fall der Kindergärtnerin (Barbara Ellen Erichsen), die pedantisch und unsympathisch wirkt, weil sie äußerst schmallippig reagiert, wenn Nina wieder mal zu spät dran ist; dabei haben auch Erzieherinnen haben ein Recht auf Feierabend. Ähnlich ungereimt ist das Verhalten einer jungen Kollegin (Jana Julia Roth), die Ninas Stellung übernommen hat und nun nicht nur voller Antipathie, sondern sogar mit Verachtung auf ihre Rückkehr reagiert. Seltsam auch, dass eine der spannendsten Szenen mittendrin abbricht: Als Nina eine Besprechung in dem fertigen Haus hat, weiß sie sich nicht anders zu helfen, als ihren kleinen Sohn in der Kantine einzuschließen. Der Junge macht sich jedoch selbstständig, um seiner Mutter zu Hilfe eilen, die sich mit dem "Drachen" trifft (gemeint ist Lene), und klettert einen Kran hinauf. Wie er da wieder runtergekommen ist, lässt der Film offen. Zum Ausgleich erfreuen Buch und Regie mit vielen Gags am Rande, die als amüsante Verpackung der dennoch unübersehbaren Botschaft dienen: Keine Frau sollte sich fragen müssen, ob sie lieber eine gute Mutter oder erfolgreich im Beruf sein möchte.