In der Tat ist es ein Brauch, der in vielen Gegenden gepflegt wird, dass die Konfirmandinnen und Konfirmanden zur Konfirmation kleine Sträuße aus Maiglöckchen in den Händen tragen. Aber woher kommt dieser Brauch? Liegt es daran, dass Konfirmationen in der Regel im Frühling stattfinden, so dass das Maiglöckchen einfach eine Saisonblume ist, die leicht zu beschaffen ist?
Das ist sicherlich ein Aspekt, der nicht zu vernachlässigen ist. Der Brauch ist deutlich älter als die Möglichkeit zu nahezu jeder Jahreszeit jede Blume wachsen lassen zu können. Außerdem soll sich ja auch jeder so ein Sträußchen leisten können, und man findet sie nahezu überall. Aber die Maiglöckchen haben darüber hinaus noch eine symbolische Bedeutung. Das Maiglöckchen zählte bereits im Mittelalter zu den Marienblumen. Maria, die Mutter Jesu, wird häufig mit Blumen dargestellt, die jeweils verschiedene Aspekte der Maria betonen sollen: Zum einen ist da die Rose, die versinnbildlichen soll, wie schön und anbetungswürdig Maria ist. Außerdem wird sie mit einer weißen Lilie dargestellt, die ihre Reinheit und Jungfräulichkeit symbolisiert. Nicht ganz so häufig wird auch das Maiglöckchen als Symbol für Maria verwendet. Diese kleine Blume, die man durchaus auf Spaziergängen am Wegesrand finden kann, symbolisiert einerseits natürlich auch die Reinheit, denn ihre Blüte ist weiß. Dazu kommt aber auch die Bescheidenheit der Pflanze, die Marias Bescheidenheit ausdrücken soll. Schließlich sagt sie zu dem Engel, als ihr angekündigt wird, dass sie einen Sohn vom Heiligen Geist empfangen wird: "Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast." (Luk 1,38).
In dem Bild "Paradiesgärtlein, das um 1410 herum entstanden ist und heute im Frankfurter Städel zu sehen ist, kann man am unteren Bildrand ebenfalls Maiglöckchen erkennen. Eine schöne Beschreibung dieses Bildes und der Bedeutung der verschiedenen dargestellten Pflanzen findet sich im Artikel Das Maiglöckchen – Symbol des Arztes, der Maria und der Liebe von Peter Schmersahl in der Deutschen Apothekerzeitung, Ausgabe 18/2000. Peter Schmersahl macht anschaulich deutlich, dass das Maiglöckchen darüber hinaus durch seinen lieblichen Duft und die Tatsache, dass sie nun einmal im Wonnemonat Mai blüht, auch weltliche Bedeutung als Symbol für die Liebe und das Glück hat. Auch hierfür gibt es Beispiele in Gemälden.
So stehen die Maiglöckchen also für Maria und damit auch für Reinheit, Jugendlichkeit, Bescheidenheit und für die Ankunft Jesu Christi in der Welt. Darüber hinaus noch für Glück und Liebe. Da ist es kein Wunder, dass Maiglöckchen gern als Schmuck für die Erstkommunion und die Konfirmation genommen werden. Die Blumen sollen den jungen Leuten all das Gute bedeuten, wofür sie stehen: Für Tugenden und für gute Aussichten für das weitere Leben. Das Ganze – wie gesagt anders als durch Rosen oder Lilien ausgedrückt – mit einem guten Maß an Bescheidenheit. Man mag verstehen, dass einige Eltern sich auch das wünschen.