Guildo Horn
Foto: epd-bild / Guido Schiefer
Mit Evergreens wie "Wunder gibt es immer wieder" hat Guildo Horn einen Gottesdienst in der Kölner Christuskirche in eine Schlagerparty verwandelt.
Guildo Horn bringt Gottesdienstbesucher zum Schmettern
70erJahre-Anzüge, getönte Brille und eine gewöhnungsbedürftige Frisur: Schlagersänger Guildo Horn ist Kult. Nun wagte er sich auf neues Terrain: ein Schlagergottesdienst in der evangelischen Christuskirche in Köln.
01.05.2017
epd
Stephanie Höppner

Eingefleischten Fans wird schon am Eingang klar, wer hier gleich auf sie wartet: Dort, wo sonst nach Kollekten gefragt wird, liegen Nussecken bereit. Es ist das allseits bekannte Lieblingsgebäck von Schlagerstar Guildo Horn (54), das an diesem Sonntagnachmittag auch unter den Besuchern der Kölner Christuskirche reißenden Absatz findet. Unter dem Motto "Hier ist ein Mensch" hatte die evangelische Gemeinde den Sänger eingeladen - und damit ein Experiment gewagt.

Schon vor dem Start des Gottesdiensts herrscht freudig aufgeregte Stimmung. "Ich bin hier, weil ich Schlager liebe. Ich singe auch selber in einer Band", erzählt Jenny Bohn, die gemeinsam mit Mann und Tochter gekommen ist. Schnell sind alle Plätze in der kleinen Kirche besetzt. Mit braun gestreiftem Anzug, gelbem Hemd und getönter Brille betritt schließlich Guildo Horn in gewohntem Outfit die Kirche - und gestaltet fortan gemeinsam mit Pfarrer Christoph Rollbühler den Gottesdienst. Die Kollekte kommt auf Horns Wunsch einem Projekt der Diakonie Michaelshoven in der Behindertenarbeit zugute. Der Sänger engagiert sich selbst seit Jahren für das Thema Inklusion. 

"Schlager und Gottesdienst - passt das zusammen? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht", sagt Pfarrer Christoph Rollbühler von der Christuskirche Köln zu Beginn des Schlagergottesdienstes. Dass diese Frage nur rhetorisch sein dürfte, wird schon nach wenigen Minuten klar. Ein Schlagerhit folgt dem nächsten. Über 100 Menschen singen lauthals bei Liedern wie etwa " Wunder gibt es immer wieder", "Guildo hat euch lieb" und "Ich find Schlager toll" mit. Aber auch Kirchenliedklassiker wie "Danke" werden gemeinsam geschmettert. Der Sänger und Musiker, der 1998 Deutschland beim Eurovision Song Contest vertrat, hatte auch einen Gitarristen seiner Band "Die Orthopädischen Strümpfe" mit dabei. 

Die Idee zum Schlager-Gottesdienst entstand zwar bereits vor 15 Jahren, doch erst jetzt konnte die Idee umgesetzt werden. "Ich war sofort begeistert, denn Schlagermusik ist die Sprache der Liebe. Und Liebe die Botschaft Gottes", sagt Guildo Horn, der sich selber als "überzeugten Atheisten und Ethiker" versteht. "Mich persönlich reizen Projekte, die zum einen vom Herzen kommen und zum anderen in keine der üblichen Schubladen passen."

"Man muss auch mal loslassen können"

Immer wieder spielen sich Pfarrer Rollbühler und Sänger Horn während des Gottesdienstes die Bälle hin und her. Im Dialog nähern sie sich auch dem Inhalt der Predigt. "Wie kann man eigentlich gut sein?", fragt Rollbühler den Sänger. "Da muss jeder für sich selber entscheiden. Aber wichtig ist für mich zum Beispiel, dass man keine Witze über andere macht und über sich selber lachen kann." Rollbühler fragt weiter: "Und was verstehst du unter Freiheit?" Guildo Horn: "Man muss auch mal loslassen können - nichts erwarten, dann wird es am schönsten."  

In den Pausen lässt sich der Schlagersänger geduldig von seiner kleinen Tochter die verbliebenen Haare auf seiner Halbglatze neu arrangieren. Für Horn ist der Gottesdienst gar kein Gegensatz zum Schlager - ganz im Gegenteil: "Warum sollte man eigentlich, wenn's um Glaubensfragen geht, immer mit ernsthafter Grüblermine zu Werke gehen?", fragt er. Und zur Frage, wie gut Gottesdienst und Schlager zusammen gehen: "Das ist ne Eins mit Sternchen."