Das CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn hat gesetzliche Vorgaben für muslimische Gemeinden in Deutschland gefordert. In einem Islamgesetz sollten aus seiner Sicht Regeln für die Ausbildung von Imamen enthalten sein, die Spahn unter anderem zu einer Deutschprüfung verpflichten will. "Es muss transparent sein, was gepredigt und unterrichtet wird", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag).
Seine Vorschläge stießen bei dem Kirchenrechtler Hans Michael Heinig auf Skepsis. Der Grünen-Politiker Volker Beck erteilte der Idee eines Islamgesetzes eine Absage. Der Zentralrat der Muslime zeigte sich offen für den Vorstoß, warnte aber zugleich vor Populismus.
Kritik von Kirchenrechtler Heinig
Der Göttinger Juraprofessor Heinig sagte am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin: "Wir haben in Deutschland gute Erfahrungen damit gemacht, dass es für alle Religionsgemeinschaften einen allgemeinen verfassungsrechtlichen Rahmen gibt und Besonderheiten der einzelnen Religionsgemeinschaften in Verträgen geklärt werden." Davon solle man nicht "voreilig und ohne Not" abweichen.
Der Vorteil gegenüber einseitigen gesetzlichen Vorgaben sei eine stärkere Bindungskraft. "Die Religionsgemeinschaften bekommen nicht nur etwas vorgesetzt, sondern es ist im Konsens verhandelt", sagte Heinig, der auch das Kirchenrechtliche Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) leitet.
Spahn erklärte weiter, "wenn in nur einer katholischen Dorfkirche am Sonntag gepredigt würde, was in vielen Moscheen jeden Freitag verkündet wird, wäre die Empörung groß." Von den Gemeinden könne erwartet werden, dass sie Predigten und Unterricht hauptsächlich auf Deutsch anbieten, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete.
Beck: Islamgesetz widerspricht Grundgesetz
Beck, religionspolitischer Sprecher der Grünen, hielt dem entgegen: "In deutschen Auslandsgemeinden wird selbstverständlich Deutsch gesprochen, in Synagogen die Tora meist auf Hebräisch gelesen." Auch eine katholische Messe auf Latein könne man nicht verbieten. Beck: "Dem steht die Religionsfreiheit aus gutem Grunde entgegen." Ein Islamgesetz widerspreche dem freiheitlichen Grundgesetz und der weltanschaulichen Neutralität des Staates.
Spahn hatte auch ein Moschee-Register gefordert: "Wir wissen gar nicht, wie viele Moscheen es in Deutschland gibt, wo sie sind, wer sie finanziert!" Auch das Verhältnis der christlichen Kirchen zum Staat sei schließlich durch eine Vielzahl von Regeln gestaltet. Dazu erklärte Beck: Jeden Gebetskreis einer Meldepflicht zu unterwerfen, wäre unverhältnismäßig und auch nicht praktikabel.
Zustimmung kam von dem Kirchenrechtler Heinig zu Spahns Vorschlag, die Ausbildung von Imamen und muslimischen Seelsorgern aus Steuermitteln zu bezahlen. Im Zusammenhang mit dem Islam gebe es gegenwärtig viele Herausforderungen, sagte Heinig und verwies auf islamistischen Terrorismus. Auch die Integrationsfrage sei in besonderer Weise mit dem Islam verbunden.
"Wir wollen in Deutschland ausgebildete Imame, die akademisch gebildet und hier beheimatet sind. Das muss finanziert werden", sagte Heinig. Am Ende führe kein Weg daran vorbei, "dass der Staat Geld in die Hand nimmt".
Zentralrat der Muslime zeigt sich offen
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sagte dem epd in Köln: "Jeder Vorschlag, der grundgesetzkonform ist und die Gleichstellung der muslimischen Religionsgemeinschaft vorantreibt, ist willkommen." Zugleich betonte Mazyek, der am Samstag die Sprecherfunktion des Koordinationsrats der Muslime übernimmt, dass "populistisches Abkanzeln" schade und nicht in die Debatte gehöre.
Mazyek vertritt als Sprecher ab dem 1. April für sechs Monate den Koordinationsrat der Muslime in der Öffentlichkeit. In dem Dachverband sind seit 2007 die vier größten deutschen Moscheeverbände zusammengeschlossen.