Bei einem Treffen mit Vertretern der katholischen Kirche und des Judentums erklärte der evangelische Theologe am Montag in Frankfurt, tragischerweise hätten Luthers späte Äußerungen zum Judentum das Einfallstor für judenfeindliche Aussagen im Protestantismus bis hinein ins 20. Jahrhundert gebildet.
Zu der Begegnung unter dem Titel "Reformation, Reform und Tradition" kamen Vertreter der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sowie der Allgemeinen und der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschlands zusammen. Laut EKD würdigten die Rabbiner dabei ausdrücklich, dass die evangelische Kirche sich schon im Vorlauf zum 500. Reformationsjubiläum von den antijüdischen Schriften Luthers distanziert und einen Verzicht aus die sogenannte Judenmission erklärt habe. Das sei ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg der Versöhnung von Juden und Christen, erklärten die jüdischen Vertreter.
Der Erfurter katholische Bischof Ulrich Neymeyr unterstrich, dass die katholische Erinnerung an die Reformation von "einer tiefen Ambivalenz" geprägt sei. Die Reformation habe nicht nur Impulse zur Erneuerung des kirchlichen Lebens gegeben, sondern auch zur Spaltung der westlichen Christenheit und zu wechselseitigen religiösen und sozialen Abgrenzungen geführt. "Erst der ökumenische Dialog der vergangenen Jahrzehnte hat den Blick dafür freigemacht, dass die Identität der Kirchen sich nicht in gegenseitiger Abgrenzung, sondern in der Orientierung am Evangelium bildet", sagte Neymeyr.
Seit 2006 treffen sich Vertreter der Allgemeinen Rabbinerkonferenz Deutschland und der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland mit Mitgliedern der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der EKD einmal jährlich zu einem ausführlichen Meinungsaustausch.