Foto: Lilith Becker
"Gemoje" ist Ilfer platt und bedeutet "Guten Morgen".
Gottesdienst auf Ilfer platt
Die evangelische Gemeinde in Nidda-Ulfa feiert einmal im Jahr einen Gottesdienst in ihrer eigenen Mundart. So soll der örtliche Dialekt erhalten bleiben. Das Vaterunser sprechen sie jedoch hochdeutsch, an das wichtige Gebet habe sich bisher noch keiner herangetraut.

Seit zehn Jahren ist Reiner Isheim Pfarrer der evangelischen Gemeinde in Nidda-Ulfa. Mit der speziellen Mundart des Dorfes, dem Ilfer platt, tut er sich noch immer schwer. Doch er tastet sich voran: Seit sechs Jahren oganisiert er gemeinsam mit einem Vorbereitungsteam aus dem Kirchenvorstand einen Gottesdienst auf Ilfer platt, den die evangelische Gemeinde in Nidda-Ulfa rund um den Internationalen Tag der Muttersprache feiert.

"Mehrere Menschen im Dorf haben es sich zur Aufgabe gemacht, ihre Mundart im Dorf weiterzugeben", erzählt Petra Graf. Eine zeitlang hat sie an den Mundart-Gottesdiensten mitgewirkt und bietet an der örtlichen Grundschule eine Arbeits-Gruppe an, in der sie Kinder in Ilfer platt unterrichtet. Dann gibt es einen Theaterverein, die "Ilfer Schaustecker", der den Dialekt pflegt. Und es gibt die evangelische Gemeinde, die nun jedes Jahr zu ihrem Mundart-Gottesdienst eine volle Kirche vorzuweisen hat; denn zum Gottesdienst kämen die Menschen auch aus anderen Stadtteilen angereist, sagt Pfarrer Reiner Isheim.

Evangelische Kirche Nidda-Ulfa

"Unser Gottesdienst schaut den Menschen auf's Maul", zitiert Sonja Arnold, die im Gottesdienst am kommenden Sonntag, 19. Februar 2017, Martin Luther in einem kleinen Theaterstück spielen wird. Sie spielt Luther, der auf dem Rückweg von Worms nach Eisenach entführt wird, damit er seine Thesen widerruft. Sonja Arnold alias Martin Luther wird in reinstem Ilfer platt dem Druck des Entführers widerstehen. Von Anfang an ist sie an den Mundart-Gottesdiensten beteiligt und übersetzt Psalmen, Gebete und Lieder aus dem Gesangbuch ins Ilfer platt, sodass alle in der Gemeinde mitbeten und -singen können.

Dennoch bleiben Passagen im Gottesdienst auf hochdeutsch: "Das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis sind uns so wichtig", sagt Sonja Arnold, "dass wir sie bislang lieber noch auf hochdeutsch sagen." Denn jeder solle mitsprechen können. Dennoch hat sie beides für sich schon ins Ilfer platt übersetzt. "Das Vaterunser zu übersetzen war für mich nicht ganz einfach, weil ich nah am Original sein wollte, es aber im Ilfer platt das Wort 'Schuldigern' nicht gibt", sagt Sonja Arnold.

Stephanie Franz, Andrea Schneider, Reiner Isheim, Brigitte Möser, Ursula Hofmann, Corinna Müller und Sonja Arnold (vl.n.r.)

Den Psalm 46 zu übersetzen, sei ihr da leichter gefallen: "Gott eas uus Zouversicht earn Stärke, er helft earn gruuse Nöte, dej uus getroffe hu", heißt es im Ilfer platt beispielsweise für "Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben." Und auch Reiner Isheim wird, trotz seiner Schwierigkeiten mit dem Dialekt, sowohl die Eingangsworte als auch die Abkündigung auf Platt sprechen. Andrea Schneider aus dem Kirchenvorstand übt mit ihm dafür die korrekte Aussprache. "Die Mundart in Nidda-Ulfa hat sogar eine eigene Grammatik - schon einen Ortsteil weiter in Stornfels, wird ein anderes hessisch gesprochen", sagt Reiner Isheim, der schon seit knapp 20 Jahren als Pfarrer in der Region Wetterau arbeitet. Es gebe darüber sogar eine Magister-Arbeit aus den 1950er Jahren, die im Archiv Nidda-Ulfas liege.

Und ungefähr so wird das Lied klingen, das Reiner Isheim aus dem Evangelischen Gesangbuch am kommenden Sonntag ankündigt:

EG 590: "Herr wir bitten: Komm und segne uns" gesungen von Sonja Arnold in Ilfer platt

Kommenden Sonntag, am 19. Februar 2017 um 9:45 Uhr feiert die evangelische Gemeinde im oberhessischen Nidda-Ulfa ihren jährlichen Gottesdienst in Mundart. Adresse: Mittelstr. 23, 63667 Nidda-Ulfa.

Das Vaterunser in ihrem Dialekt können Sie hier einsprechen: http://www.reformaction2017.de/vaterunser