Nach dem Anschlag auf einen belebten Weihnachtsmarkt in der westlichen Berliner Innenstadt arbeiten die Sicherheitsbehörden mit Hochdruck an der Aufklärung und wägen mögliche Konsequenzen ab. Die Zahl der Todesopfer bei dem mutmaßlich terroristischen Anschlag mit einem Lastwagen stieg auf zwölf. Rund 50 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt, etwa die Hälfte von ihnen wurde am Dienstag noch stationär behandelt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einer "grausamen und letztlich unbegreiflichen Tat". Weltweit reagierten Menschen mit tiefer Trauer und Bestürzung auf den Anschlag.
Am Montagabend war der Lastwagen in den Weihnachtsmarkt an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche gerast. Elf Menschen wurden dabei getötet. Im Lastwagen wurde ein weiterer toter Mann gefunden, der Fahrer flüchtete. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zufolge hat dieser den Sattelschlepper bewusst in die Menschenmenge gesteuert. "Wir haben in der Zwischenzeit keine Zweifel mehr, dass es sich bei dem schrecklichen Ereignis um einen Anschlag gehandelt hat", sagte der Innenminister.
Gauck sprach von "Angriff auf unsere Mitte"
Generalbundesanwalt Frank führte aus, die Tatbegehung, die an die Bluttat von Nizza in diesem Juli erinnere, sowie das symbolträchtige Ziel Weihnachtsmarkt sprächen für einen terroristischen Hintergrund. Wegen der besonderen Schwere des Falls übernahm die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen. Ein Bekennervideo oder ähnliches gab es nicht.
Ein zunächst festgenommener Verdächtiger wurde wieder freigelassen, nachdem sich gegen ihn kein dringender Tatverdacht ergeben hatte. Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt sagte am Dienstag, es sei möglich, dass der gefährliche Täter noch im Raum Berlin unterwegs sei. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) versicherte im ZDF, die Ermittler tappten nicht im Dunklen. Es gebe Ermittlungsansätze, die würden verfolgt. "Und niemand wird ruhen, bis nicht der Täter oder die Täter gefasst sind", sagte er in der ARD.
Bundeskanzlerin Angela Merkel legte am Dienstagnachmittag gemeinsam mit anderen Spitzenpolitikern am Ort des Unglücks einen Kranz nieder. Rund 800 Menschen nahmen zudem am Abend an einem Gottesdienst zum Gedenken an die Opfer in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche teil, darunter neben Merkel auch Bundespräsident Joachim Gauck, Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), Bundesratspräsidentin Malu Dreyer und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (beide SPD).
Spitzenpolitiker aus Bund und Ländern mahnten dazu, sich nicht von der Angst lähmen zu lassen. Bundespräsident Joachim Gauck sprach von einem "Angriff auf unsere Mitte, auf unsere Art zu leben". Zugleich betonte er: "Unser Zusammenhalt wird nicht schwächer." Merkel sagte: "Wir werden die Kraft finden, für das Leben, wie wir es in Deutschland leben wollen: frei, miteinander und offen." Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sprach von einem "Anschlag auf unser aller Freiheit".
Brandenburger Tor in Schwarz-Rot-Gold
Am Vormittag vereinbarten die Innenminister von Bund und Ländern in einer Telefonschaltkonferenz, von Weihnachtsmärkten nicht grundsätzlich abzuraten. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) bat die Betreiber in der Bundeshauptstadt jedoch, aus Rücksicht auf die Opfer am Dienstag die Märkte geschlossen zu halten. De Maizière ordnete für die Bundesbehörden Trauerbeflaggung an. Zudem wurde das Brandenburger Tor am Abend in den Landesfarben angestrahlt.
Vertreter von Kirchen und Religionsgemeinschaften zeigten sich schockiert. Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sagte: "Wir alle sind entsetzt über diese brutale und sinnlose Gewalt." Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, äußerte sein Mitgefühl gegenüber den Angehörigen der Toten und Verletzten. Nach Ansicht des Zentralrats der Muslime in Deutschland erinnert die Tat an die Attentate von Brüssel, Paris und Istanbul, "was uns Muslime zutiefst betroffen macht". Auch der Koordinationsrat der Muslime verurteilte den Anschlag scharf.