Andreas Kleinert und sein Kameramann Johannes Louis filmen diese abendliche Verfolgung wie einen Krimi, aber "Sag mir nichts" ist eine ungewöhnliche und ungewohnt erotische Liebesgeschichte: Ohne große Worte fallen die beiden Fremden übereinander her. Anschließend geht jeder wieder seiner Wege; zwei Fremde in der Nacht, die sich spontan einem Abenteuer hingegeben haben. Aber für eine Rückkehr in den Alltag war das gemeinsame Erlebnis zu aufwühlend.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Zunächst aber müssen Baumgarten und Kleinert das Liebepaar wieder zueinander finden lassen, schließlich haben die beiden weder Namen noch Nummern ausgetauscht. Das holen sie nach, als sie sich zufällig gemeinsam mit ihren Ehepartnern in einem Kaufhaus über den Weg laufen; die Geschichte spielt in Mannheim, da ist so etwas wohl eher möglich als in Hamburg oder Berlin. Es kommt zu einer amüsanten Szene, als die beiden ihren Gefühlen im Fahrstuhl derart leidenschaftlich freien Lauf lassen, dass sich andere Kunden gar nicht in den Aufzug trauen. Anschließend stellen sie sich erst mal förmlich und mit Handschlag vor.
Kleinert, vierfacher Grimme-Preisträger (unter anderem für das bewegende Alzheimer-Drama "Mein Vater"), hat die Geschichte filmisch nicht weiter ungewöhnlich umgesetzt, sodass die vielen Nacktszenen mit Ursina Lardi gerade angesichts der Zurückhaltung, die sich Fernsehfilme in dieser Hinsicht seit einigen Jahren auferlegen, das mit Abstand auffälligste Element des Films sind, gefolgt von den stets nur aus zwei, drei Worten bestehenden bildschirmfüllenden SMS-Botschaften, die sich Martin und Lena schicken ("Will dich"). Gespielt ist "Sag mir nichts" hingegen vorzüglich. Der Titel bezieht sich auf einen Ausspruch von Solveig, und als dieser Satz fällt, sind Worte tatsächlich nicht mehr nötig. Mit einem simplen Kniff hat Kleinert schon zuvor verdeutlicht, dass dieser Amour fou kein Happy End beschert sein dürfte: Zu Beginn der Affäre ist der Himmel romantisch rötlich gefärbt; später, als Lena und Martin ernüchtert von einem gemeinsamen Wochenende heimkommen, türmen sich düstere Wolken über Mannheim.