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TV-Tipp: "Schlimmer geht immer" (Sat1)
8.11., Sat.1, 20.15 Uhr: "Schlimmer geht immer"
Ein glückliches Ehepaar verzweifelt an der Renovierung seines neuen Hauses und bewegt sich geradewegs auf eine Ehekrise zu: Das ist in einem Satz der Inhalt dieser Sat.1-Komödie mit dem Allerweltstitel "Schlimmer geht immer".

Genauso lässt sich aber auch die Handlung eines im Sommer ausgestrahlten ZDF-Films zusammenfassen, der auch keinen besseren Titel hatte: "Handwerker und andere Katastrophen" erzählte exakt die gleiche Geschichte. Die Parallelen gehen bis ins Detail: Hier wie dort ist die Gattin hochschwanger. Vorbild für beide ist eine frühe Tom-Hanks-Komödie, "Geschenkt ist noch zu teuer" (1986). David Ungureit, Autor der Sat.1-Produktion, hat sich eine weitere Anleihe am Hollywood-Kino genommen: Sein Haus lebt; Bauherr Kai (Sebastian Bezzel) hat es nicht mit unfähigen Handwerkern zu tun, sondern mit einem Gegner, der sich nach Kräften wehrt.

Die Idee, die Renovierung zu einem Zweikampf eskalieren zu lassen, ist immerhin halbwegs originell, aber der Zusatz des zwischenzeitlichen Arbeitstitels "Voll der Hammer", "Ein Haus schlägt zurück", erzählt im Grunde auch die ganze Geschichte: Was immer sich Kai auch ausdenkt, das Haus hat was dagegen. Ähnlich wie die ZDF-Komödie beginnt die Handlung auf dem Tiefpunkt, als sich Kai geschlagen gibt, und blendet dann zurück: Kai verspricht seiner Frau Ina (Nadja Becker), er werde ihr neues Heim in das schönste Zuhause verwandeln, in dem je eine Familie gelebt habe. Bei der neuen Bleibe macht er sich allerdings erst mal unbeliebt. Die erste Szene gibt einen entsprechenden Vorgeschmack: Als Kai gegen die verrostete Regenrinne tritt, ertönt aus den Tiefen des Hauses ein böses Grollen, und als er einen Fensterladen öffnet, schlägt ihm der zweite ins Kreuz. Später zerdeppert er vorsätzlich eine getönte Scheibe im Küchenfenster, weil ihm das Glas nicht gefällt; zum Dank fährt ihm die Herdklappe in die Kniekehle.

Nach diesem Muster funktioniert der ganze Film: Jede Renovierung wird vom Haus sabotiert oder umgehend rückgängig gemacht. Natürlich steigern sich die Aktionen, aber letztlich reihen Ungureit und Regisseur Kai Meyer-Ricks ein Unglück ans nächste. Das ist mitunter ganz witzig und von Sebastian Bezzel auch hübsch gespielt, aber als Muster auf Dauer etwas eintönig. Zusätzliche Kurzweil gibt’s durch die Nebenfiguren: Kai ist Lehrer, und weil Ferien sind, wird er von seinen Kollegen und Freunden Pedro (Manuel Cortez) und Ulf (Heiko Pinkowski) unterstützt. Meyer-Ricks inszeniert das Trio wie die drei Musketiere und feiert sie mehrfach in Zeitlupenstudien, wenn sie sich im Baumarkt mit Material und Maschinen versorgen. Das ist in der Tat sehr amüsant, auch wenn diese Szenen zur Folge haben, dass "Schlimmer geht immer" gerade dank der ständig neuen Spielzeuge wie ein viel zu lang geratener Heimwerker-Werbespot wirkt; sieht man davon ab, dass diese Spots oft origineller und optisch einfallsreicher gestaltet sind.

Weil sich der Film vor allem auf den Zweikampf Haus gegen Herr konzentriert, bleiben die Figuren nur skizzenhaft: Kai entdeckt angesichts der mannigfaltigen Herausforderungen das Kind im Manne und will Ina beweisen, dass er nicht nur ein liebevoller Vater und grandioser Liebhaber (ihre Worte), sondern auch ein begnadeter Handwerker ist. Ina wiederum, die Stimme der Vernunft, mag das Haus so, wie es ist, stellt dem Gatten ein Ultimatum und zieht schließlich zu ihrer Freundin. Die Nebenrollen sind ohnehin Klischees: Pedro ist ein Poser, Ulf der von seiner Frau verlassene traurige Dicke, und Karolina Lodyga muss als Inas Freundin wieder mal die attraktive lebenskluge Russin mit Herz und Akzent spielen. Immerhin gehen die Darsteller in ihren Rollen auf und sorgen dafür, dass viele Dialogszenen lustig sind.

Der Rest ist Action, die Meyer-Ricks überzeugend inszeniert hat, zumal es regelmäßig witzige Übertreibungen gibt, wenn Kai beispielsweise einen Werkzeugkoffer öffnet und von einem überirdischen rötlichen Strahlen illuminiert wird. Angesichts der Renitenz des Hauses ist er zudem gezwungen, getreu der Devise "Geh’ nie mit einem Messer zu einer Schießerei" immer schwereres Geschütz aufzufahren. Trotzdem sieht der Film insgesamt preiswerter aus die ZDF-Komödie, weshalb auch die Effekte eher klein ausgefallen sind, aber sie funktionieren überzeugend: Zunächst drehen sich bloß Schrauben wie von Geisterhand wieder aus der Wand, dann macht sich ein Dampfstrahlgerät selbstständig. Kais Mitstreiter werden vertrieben, indem das Haus ihre Autos mit Farbeimern bewirft. Zum Showdown muss sich Kai vor den Nägeln in Sicherheit bringen, mit denen er die zuvor von den Wänden geflatterte Tapete festgenagelt hat. Auch die Aktionen mit dem Druckluftnagler werden selbstredend angemessen zelebriert. In der schönsten Szene des Films formieren sich Bezzel, Cortez und Pinkowski beim Abschleifen des Parketts zu einem virtuosen Ballett. Dabei machen sie tatsächlich, wie Kai versprochen hat, kein bisschen Schmutz; bis das Haus für Durchzug sorgt und die feinen Holzspäne in jede Ecke wirbeln.

Natürlich ist der alte Kasten der Star der Geschichte, aber es ist durchaus ein Vergnügen, den drei Musketieren bei ihrem aussichtslosen Kampf zuzuschauen. Deshalb hat es der Film auch nicht verdient, dass die Drohungen des Hauses wie lautstarke Verdauungsgeräusche klingen und die Männer dauernd rülpsen müssen, wenn sie Bier getrunken haben. Viel schöner sind die Szenen mit Kais kleinem Sohn, der sich in die kesse Nachbarstochter verguckt; Meyer-Ricks hat die sehr natürlich wirkenden Kinderdarsteller Arne Wichert und Hedda Erlebach ausgezeichnet geführt. Und noch jemand hinterlässt Eindruck: "Bachelor"-Siegerin Liz Kaeber hat als Kassiererin im Baumarkt zwar keine komplizierten Dialoge, muss aber mitspielen und macht das gut genug, um demnächst weitere Rollenangebote zu bekommen.