Berlin (epd). Die evangelische Kirche feiert 500 Jahre Reformation. Vertreter aus Kirchen und Politik eröffneten am Montag in Berlin das Festjahr zum 500. Reformationsjubiläum 2017. Bundespräsident Joachim Gauck würdigte die von Martin Luther angestoßenen Veränderungen. Auch der Staat sei in vielfacher Weise von der Reformation geprägt, sagte er in seiner Rede beim Festakt im Konzerthaus am Berliner Gendarmenmarkt. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, betonte die ökumenische Dimension der Feiern. "Wir gehen in dieses Reformationsjubiläumsjahr mit einer großen ökumenischen Zuversicht", sagte er in einem Gottesdienst vor rund 750 Gästen aus Politik, Kirchen und Gesellschaft in der Berliner Marienkirche.
Gesellschaft braucht Gnade
Bundespräsident Gauck unterstrich, "die heutige Gestalt unseres Gemeinwesens ist ohne die christlichen Kirchen nicht denkbar". Das Staatsoberhaupt erinnerte an Martin Luthers Lehre von der Gnade Gottes. Gerade heute habe die Gesellschaft "nichts so nötig wie Gnade". Gauck beklagte, es mache sich "ein Ungeist der Gnadenlosigkeit breit, des Niedermachens, der Selbstgerechtigkeit, der Verachtung". Er forderte "Agenten der Entängstigung".
Luthers Lehre, wonach der Mensch allein durch die Gnade Gottes erlöst werde, prangerte vor allem den Ablasshandel der römischen Kirche an und führte zur Spaltung in evangelische und katholische Kirche. 500 Jahre später feiern Protestanten und Katholiken in seltener Versöhntheit ein Reformationsjubiläum. Im Gottesdienst in Berlin erhielt Kardinal Karl Lehmann als erster Katholik die Martin-Luther-Medaille der EKD für seine Verdienste um die Ökumene. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx, und der Berliner katholische Bischof Heiner Koch waren Gäste im evangelischen Gottesdienst.
Zeitgleich feierten Papst Franziskus und der Lutherische Weltbund einen gemeinsamen Gottesdienst im schwedischen Lund. Mit Blick auf diese außergewöhnliche Begegnung erklärte Bedford-Strohm: "2017 ist eine historische Chance auf dem Weg zur Einheit der Kirchen."
Weltweite Reformation
Berlins evangelischer Bischof Markus Dröge, rief in seiner Predigt in der Berliner Marienkirche dazu auf, in der Reformation immer wieder neu eine Kraft zu entdecken, "die bewegt und verändert". Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), der zum Festakt ins Konzerthaus einlud, sagte, die Wirkungen der Reformation reichten weit über die Kirche hinaus und gingen bis in die heutige Zeit. Er nannte Demokratie und kritische Bürgergesellschaft als Beispiele für Lehren aus der Reformation.
Unter den Gästen im Konzerthaus waren zahlreiche prominente Politiker, darunter Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), deren Ressort die staatlichen Projekte zum Jubiläum koordiniert, sowie auch Vertreter anderer Religionsgemeinschaften. Das Festjahr zum Reformationsjubiläum endet am 31. Oktober 2017, genau 500 Jahre nach dem legendären Thesenanschlag des Reformators Martin Luther (1483-1546) in Wittenberg. Die Veröffentlichung der Thesen gegen die Missstände der Kirche jener Zeit gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation. Auch in Wittenberg wurde am Montag das Jubiläumsjahr eingeläutet. In zwei Gottesdiensten in der Schloss- und in der Stadtkirche wurde an die Reformation erinnert.