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TV-Tipp: "Dead Man Working" (ARD)
2.11., ARD, 20.15 Uhr: "Dead Man Working"
Natürlich ist "Dead Man Working" (Buch: Dörte Franke, Khyana El Bitar) eine kaum kaschierte Kritik an den entfesselten Märkten und damit auch am Kapitalismus, zumal am Schluss die enormen Summen eingeblendet werden, die die von den gierigen Banken verursachte Finanzkrise den Steuerzahler gekostet haben; aber diese Kritik ist Johannes Naber mit seinem deutlich preiswerteren Kinokammerspiel "Zeit der Kannibalen" besser gelungen.

Auf dem Höhepunkt seiner Karriere stürzt sich ein weltweit angesehener Frankfurter Investmentbanker in den Tod, und die Öffentlichkeit rätselt über die Gründe, die zu dem Suizid geführt haben. Der Vorstandsvorsitzende der Bank deutet in einer Pressekonferenz an, der Mann habe familiäre Probleme gehabt. Die Witwe ist schockiert, und nun will auch der junge Nachfolger wissen, was wirklich passiert ist.

Eine schlüssige Antwort wird der Film jedoch nicht geben, und das ist nicht der einzige Grund, warum "Dead Man Working" bei aller sichtbaren Ambition ein etwas unbefriedigendes Gefühl hinterlässt. Schon mit dem Titel, vermutlich eine Anspielung auf "Dead Man Walking", hat sich der für extravagante Stoffe bekannte Hessische Rundfunk womöglich keinen Gefallen getan; viele Zuschauer werden dahinter keinen deutschen Fernsehfilm vermuten. "Dead Man Walking" (1995), ein Film von Tim Robbins, setzt sich mit dem Thema Todesstrafe auseinander; der Titel bezieht sich auf die letzten Meter der Häftlinge auf dem Weg von der Zelle zum Hinrichtungsraum. Aber natürlich sind Banker keine Toten auf Abruf, auch wenn im Verlauf der Handlung erwähnt wird, dass sich im Verlauf der Finanzkrise weltweit Dutzende von Bankmanagern das Leben genommen haben.

Geschichten aus dem Wirtschaftsleben sind immer schwer zu verfilmen: zu viele Zahlen, zu wenig Emotionen. Deshalb werden sie gern aus der Perspektive eines jungen Mannes erzählt, der nach einigen Irrungen und Wirrungen gerade noch rechtzeitig merkt, dass er sich auf einen Pakt mit dem Teufel eingelassen hat; das war so bei Dieter Wedels Zweiteiler "Gier" (2010) mit Devid Striesow und ebenso zuletzt bei Urs Eggers Drama "Der Bankraub" (2016) mit Franz Dinda. In beiden Fällen verkörperten die Hauptdarsteller den Protagonisten als ehrgeizigen Ikarus, der aber dennoch Sympathieträger blieb. Bei Benjamin Lillie, Ensemblemitglied am Deutschen Theater in Berlin, funktioniert das in seiner ersten Filmhauptrolle nur bedingt; er spielt sich einfach nicht ins Herz, zumal Tom Slezak als derartiger Schnösel eingeführt wird, das auch die spätere Läuterung nicht viel an der einmal geweckten Antipathie ändert. Die ersten Minuten sind mit ihrer Ansammlung von Sprücheklopfern und zuviel Fachjargon ohnehin eine echte Prüfung; spannend wird die Geschichte erst später, wenn sich der Film zum Krimi wandelt.

Eine Welt, in der Gefühle nur dem Erfolg dienen

"Dead Man Working" ist gewissermaßen die fiktionalisierte Version eines Dokumentarfilms, den Marc Bauder zuletzt gedreht hat: "Master of the Universe" (2013) war das Porträt des Investmentbankers Rainer Voss, der bis vor einigen Jahren die Investmentabteilungen verschiedener europäischer Banken geleitet hat. Zuvor hat sich Bauder, der Wirtschaftswissenschaften studiert hat, nach einigen Dokumentarfilmen in seinem Spielfilmdebüt "Das System - Alles verstehen heißt alles verzeihen" (2012) alter Stasi-Seilschaften angenommen; auch dabei ging es um viel Geld und die Beziehung zwischen einem alten Wolf und seinem jungen Schüler. In "Dead Man Working" spielt Wolfram Koch den väterlichen Freund, Jochen Walther, der den jungen Tom in die Welt des großen Geldes einführt. Als sie gemeinsam einen milliardenschweren Deal einfädeln, wähnt sich Tom am Ziel seiner Träume. Nach dem Tod des Mentors stellt sich allerdings raus, dass Walther zu Konditionen bereit war, die den Ruin des Geldinstituts bedeutet hätten. Seine Witwe (Jördis Triebel) wirft der Bank öffentlich vor, sie habe ihren Mann in den Tod getrieben; und Tom zieht gar in Betracht, sein Chef könnte ermordet worden sein.

Marc Bauder und Kameramann Börres Weiffenbach haben die Cinemascope-Bilder in ein kühles Blau getaucht und damit eine Welt geschaffen, in der Gefühle nur dann erlaubt sind, wenn sie dem Erfolg dienen. Die faszinierenden Luftaufnahmen des glitzernden nächtlichen Frankfurter Bankenviertels bieten mit ihrer kalten Pracht den idealen Hintergrund für die Geschichte. Dazu passt auch die ungewöhnliche Filmmusik (Thomas Kürstner, Sebastian Vogel), die vom hauseigenen Sinfonieorchester des HR eingespielt worden ist.

Natürlich ist "Dead Man Working" (Buch: Dörte Franke, Khyana El Bitar) eine kaum kaschierte Kritik an den entfesselten Märkten und damit auch am Kapitalismus, zumal am Schluss die enormen Summen eingeblendet werden, die die von den gierigen Banken verursachte Finanzkrise den Steuerzahler gekostet haben; aber diese Kritik ist Johannes Naber mit seinem deutlich preiswerteren Kinokammerspiel "Zeit der Kannibalen" besser gelungen. Bauders Film erzählt eher von der Einsamkeit des Erfolges. Tom einzige Beziehung scheint die Freundschaft zu seinem Mentor zu sein; ansonsten reicht es nur für flüchtigen Sex auf der Chefetage mit der Assistentin (Alma Leiberg) des von Manfred Zapatka gespielten Vorstandsvorsitzenden.