Essen, Berlin (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, wünscht sich mindestens einen bundesweiten Feiertag mehr. "Es wäre ein tolles Zeichen, wenn die Politik einmal nicht allein für die Ökonomie, sondern für das Miteinander der Menschen neuen Freiraum schaffen könnte", sagte er der Funke-Mediengruppe (Donnerstagsausgaben). Konkret verwies er auf den Reformationstag, der nur in wenigen Bundesländern Feiertag ist, und den bundesweit außer in Sachsen als Feiertag abgeschafften Buß- und Bettag. In der Politik findet der Theologe dafür zunächst keine Mitstreiter. Auch wenn der Idee "Charme" attestiert wird, herrscht dort Skepsis.
Linke für 30-Stunden-Woche
Die Beauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften der SPD-Bundestagsfraktion, Kerstin Griese, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), mit dem in allen Bundesländern freien Reformationstag 2017, auf den sie sich sehr freue, werde die Bedeutung des herausragenden Datums deutlich. Die Protestanten feiern dann den 500. Jahrestag des überlieferten Thesenanschlags von Martin Luther, der als Ausgangspunkt der Reformation und Geburtsstunde der evangelischen Kirche gilt. Griese ergänzte aber: "Bei einer Wiederholung bin ich eher skeptisch."
Sie verwies darauf, dass Feiertagsregelungen Ländersache seien. "Hinzu kommt die Herausforderung, dass muslimische Bürgerinnen und Bürger die islamischen Feiertage in angemessener Weise begehen möchten", sagte die SPD-Politikerin, die auch Mitglied im Rat der EKD ist.
Die kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sigrid Hupach, sagte, der Vorschlag des EKD-Ratsvorsitzenden habe Charme. Gerade für gesellschaftliches Engagement fehlten häufig Kraft und Muße. "Skeptisch bin ich jedoch, ob ein zusätzlicher christlicher Feiertag der richtige Ansatz ist", sagte sie. Sie schlug stattdessen vor, die Normalarbeitszeit auf 30 Stunden in der Woche zu verkürzen. "Der gesellschaftliche Nutzen wäre enorm", argumentierte sie. Die gewonnene Zeit könnte für Familie, Kultur, Ehrenamt oder politisches Engagement genutzt werden.
Bedford-Strohm: Neu über Feiertagskultur reden
Bedford-Strohm begrüßte den bundesweiten Feiertag am 31. Oktober 2017. Zugleich nannte er die Streichung des Buß- und Bettags 1995 in fast allen Ländern zur Finanzierung der Pflegeversicherung "kurzsichtig". Grundsätzlich sei über die Feiertagskultur in Deutschland neu zu reden. "Wir sollten jetzt darüber nachdenken, wie wir zumindest einen der beiden Tage zu dauerhaften Feiertagen machen können", sagte der bayerische Landesbischof.
Der Reformationstag ist in den östlichen Bundesländern, nicht aber in Berlin und im alten Bundesgebiet alljährlich gesetzlicher Feiertag. Zum 500. Reformationsjubiläum wird er aber bundesweit einmalig ein Feiertag sein.