Brüssel (epd). Nadia Murad und Lamia Adschi Baschar waren von der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) als Sexsklavinnen verschleppt worden, entkamen und setzen sich seither für die Menschenrechte ihrer Glaubensgemeinschaft ein. Die beiden Frauen verbinde eine "schmerzliche und tragische Geschichte", sagte Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) am Donnerstag in Straßburg. Der Menschenrechtspreis ist mit insgesamt 50.000 Euro dotiert.
Nach Deutschland geflohen
Beide Frauen hätten um ihr Überleben gekämpft, um später gegen die Straflosigkeit der Täter anzugehen, sagte Schulz: "Der Mut, für den diese beiden Frauen stehen, und die Würde, die sie repräsentieren, sind unbeschreiblich." Heute seien sie starke Fürsprecherinnen für den Schutz von Opfern sexueller Gewalt, für den Kampf gegen die Versklavung durch den IS. Sie setzten sich für ihre Glaubensgenossen der Jesiden ein, aber darüber hinaus für zahllose andere Opfer des Menschenhandels.
Murad und Baschar stammen aus dem Irak. Im August 2014 überfiel der IS ihren Heimatort und massakrierte die männlichen Bewohner, wie das EU-Parlament mitteilte. Die Frauen und Kinder des Ortes wurden versklavt, wiederholt verkauft und als Sexsklavinnen ausgebeutet und missbraucht.
Murad gelang den Angaben zufolge Ende 2014 die Flucht, später gelangte sie weiter nach Deutschland. Sie kam nach Baden-Württemberg, das in einem Sonderprogramm etwa 1.000 IS-Opfer aufnahm, vor allem Jesidinnen. Im September 2016 wurde die 23-Jährige zur Sonderbotschafterin der Vereinten Nationen für die Würde der Überlebenden des Menschenhandels. Seitdem beteiligt sie sich an globalen und lokalen Initiativen.
Mehrere Fluchtversuche
Baschar unternahm mehrere Fluchtversuche, bevor sie entkommen konnte, wie das Parlament erklärte. Auf der Flucht sei sie durch eine Tretmine verletzt worden und nahezu völlig erblindet. Seit ihrer Genesung engagiere sie sich in Aufklärungskampagnen, um auf das Schicksal der Jesiden hinzuweisen. Ferner helfe sie Frauen und Kinder, die Opfer des IS geworden sind.
Der Sacharow-Preis für geistige Freiheit wird seit 1988 jährlich verliehen. Benannt ist er nach dem 1989 verstorbenen sowjetischen Physiker, Dissidenten und Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow. Dieser hatte 1970 in der Sowjetunion ein Komitee zur Durchsetzung der Menschenrechte und Verteidigung politisch Verfolgter gegründet.
Mit dem Preis zeichnet das Europaparlament Personen aus, die sich weltweit in besonderer Weise für die Menschenrechte eingesetzt haben. Die diesjährige Verleihung findet am 14. Dezember in Straßburg statt. Nominiert waren in diesem Jahr auch der türkische Journalist Can Dündar und der langjährige Anführer der Krimtataren Mustafa Dschemilew. Preisträger 2015 war der saudi-arabische Blogger Raif Badawi.