Dresden/Berlin (epd). Das Auswärtige Amt hat die Absage eines Musikprojektes in Istanbul zum Armenier-Genozid verteidigt. Die Dresdner Sinfoniker hatten zu dem Konzert im deutschen Generalkonsulat verschiedene türkische Spitzenpolitiker, darunter Staatschef Recep Tayyip Erdogan, eingeladen. Dies sei ein sehr ungewöhnlicher Vorgang, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Mittwoch in Berlin.
Sachsens Kulturministerin Eva-Maria Stange (SPD) äußerte Bedauern über die Absage. Sie respektiere bei der Entscheidung jedoch "die diplomatische Hoheit des Auswärtigen Amtes", erklärte Stange am Mittwoch auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd). Die Musiker reagierten mit einem Brief an Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). In dem Schreiben, das dem epd vorliegt, bitten sie den Minister, Schirmherr einer deutsch-türkisch-armenischen Freundschaftsgesellschaft zu werden, die demnächst in Berlin gegründet werden soll.
Das Auswärtige Amt hatte am Dienstag mitgeteilt, dass die Räume des Generalkonsulats in Istanbul am 13. November nicht für das Musikprojekt "Aghet" zur Verfügung stünden. Der armenische Begriff "Aghet" (dt.: Katastrophe) steht für den Genozid an der christlichen Minderheit im Osmanischen Reich mit bis zu 1,5 Millionen Toten vor rund 100 Jahren.
Debatte über Verschiebung
Grundsätzlich freue man sich über das Musikprojekt, sagte der Sprecher des Außenministeriums. Ein Beitrag zur Aussöhnung zwischen Armeniern und Türken sei immer im Sinne der Bundesregierung. Man setze nun auf weitere Absprachen und einen Zeitpunkt, der besser für das Konzert geeignet sei. In den vergangenen Tagen habe es intensive Gespräche mit dem Orchester gegeben.
Zum Vorschlag der Verschiebung heißt es in dem Schreiben des Orchesters, das Angebot mache "kaum Sinn, denn wenn kein Wunder geschieht, steht es außer Zweifel, dass sich die Lage in der Türkei innerhalb dieser Legislaturperiode nicht verbessern wird". Die Türkei protestiert seit Monaten gegen die Initiative, die von EU und Auswärtigem Amt gefördert wird.
Stange betonte, die Absage sei bedauerlich, weil sich das Konzert der Dresdner Sinfoniker "auch gezielt die Versöhnung der Völker zum Ziel gesetzt" habe. Vor dem Hintergrund der internationalen Besetzung des Orchesters könne "man sich nicht besser und persönlicher" einem solchen Verbrechen widmen.