Essen/Nürnberg (epd). Sie haben es in der Schule oft schwerer, leben häufig ungesünder und haben Nachholbedarf bei der Sprache: Die Zahl armer Kinder in Deutschland steigt weiter an. Allerdings fällt die Entwicklung regional sehr unterschiedlich aus, wie aus einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit hervorgeht, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Während die Kinderarmut im Westen zunimmt, geht sie im Osten leicht zurück. Betroffen sind weniger deutsche Kinder, dafür mehr ausländische. Der bundesweite Anstieg erklärt sich offenbar zu großen Teilen aus der Zuwanderung.
Besonders viele Betroffene in NRW
In Westdeutschland stieg die Zahl der Unter-18-Jährigen in Familien, die Hartz IV beziehen, von Juni 2015 bis Juni 2016 um 1,4 Prozent auf 1,448 Millionen, wie die Halbjahresstatistik der Bundesagentur zeigt, über die zunächst die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" (Donnerstagsausgabe) berichtete. In Ostdeutschland sank die Zahl um 2,6 Prozent auf 503.000. Unter den bundesweit insgesamt knapp zwei Millionen betroffenen Kindern sind rund 1,7 Millionen unter 15 Jahren.
Die Zahl ausländischer Kinder mit Hilfe vom Staat stieg den Angaben zufolge deutschlandweit seit Sommer 2015 um 67.000 (19,5 Prozent) auf 413.000 im Juni dieses Jahres. Zugleich sank die Zahl der betroffenen deutschen Kinder um rund 40.000 (3,2 Prozent) von 1,59 Millionen auf 1,54 Millionen.
Überdurchschnittlich viele Kinder, deren Eltern auf Grundsicherung angewiesen sind, leben laut Statistik in Nordrhein-Westfalen. Hier stieg die Zahl betroffener Jungen und Mädchen innerhalb eines Jahres um 1,4 Prozent auf 549.000. Das entspricht einer Quote von rund 18 Prozent. Jedes fünfte Kleinkind lebt in einer Hartz-IV-Familie.
Wenige arme Kinder in Bayern und Baden-Württemberg
Den größten Anteil von Minderjährigen aus Familien mit Grundsicherung verzeichnete der Statistik zufolge Berlin mit rund 31 Prozent, es folgten Bremen mit 30 Prozent und Sachsen-Anhalt mit 22 Prozent. Die geringsten Quoten meldeten Bayern (6 Prozent) und Baden-Württemberg (8 Prozent).
Die jüngsten Zahlen decken sich mit Daten der Bertelsmann Stiftung vom vergangenen Monat. Die Stiftung wies in einer Studie darauf hin, dass trotz florierender Wirtschaft und geringer Arbeitslosigkeit in Deutschland fast zwei Millionen Mädchen und Jungen in Familien leben, die auf staatliche Grundsicherung angewiesen sind. Je länger Kinder in Armut aufwachsen, desto negativer seien die Folgen für ihre Entwicklung. Besonders gefährdet seien Kinder in alleinerziehenden Haushalten und Kinder mit vielen Geschwistern im Haus. Die Bertelsmann Stiftung forderte eine Reform der Grundsicherung für Kinder. Auch Sozialverbände kritisierten, dass trotz vieler Hilfen für Familien die Unterstützung bei armen Kindern nicht ankomme.